Der Karin Hollweg Preis 2023 geht an Hannah Wolf
„Arbeit am Produkt“
Der Karin Hollweg Preis 2023 geht an Hannah Wolf
Der Karin Hollweg Preis wird jährlich in Zusammenhang mit der Abschlussausstellung der Meisterschüler:innen der Hochschule für Künste (HfK) Bremen verliehen. Er ist einer der höchstdotierten Förderpreise aller Kunsthochschulen in Deutschland. Der Preis umfasst insgesamt 18.000 Euro, wobei eine Hälfte als Preisgeld direkt an die Preisträger:in ausgezahlt wird, die zweite Hälfte ist für die Realisierung einer Einzelausstellung reserviert. In diesem Jahr wird der Preis verliehen an Hannah Wolf.
Begründung der Jury
„Hannah Wolfs Videoinstallation ,Arbeit am Produkt‘ hat die Jury in ihrer Konsequenz und Vielschichtigkeit überzeugt. Sie vermittelt deutlich ein (gesellschafts-)politisches Thema, bietet dazu aber in vielen Details ihrer Arbeit differenzierte Zugänge, zu denen auch eine inhärente Ironie gehört. Die Doppelprojektion stellt Urlaubsressorts an der türkischen Küste den in der gleichen Region befindlichen Ruinen archäologischer Ausgrabungen gegenüber. In einem präzise arrangierten Rhythmus der Bilder werden faszinierende Analogien sichtbar. Insbesondere die exklusive Themenpark-Ästhetik der All-inclusive-Urlaubsressorts erweist sich im Vergleich als oberflächliche Kulisse und potenzielle Ruinenlandschaft voller absurder kulturhistorischer Zitate.
,Diese Gegenwart hat ihre Zukunft schon hinter sich‘ lautet einer der eingeblendeten Kommentare im Video, der diese Situation auch textlich treffend auf den Punkt bringt. Die Bühnenwirkung vieler Einstellungen und langsamer Kamerafahrten, in denen die zufällig anwesenden Menschen zu Akteur:innen werden und durch ihre Anwesenheit immer wieder Narrationen andeuten, wird in den Ausstellungsraum übertragen.
Hier bietet die autonome Tonspur mit leichtem Meeresrauschen und die Inszenierung der Projektion auf zwei schräg gestellten Wänden eine besondere Vergleichbarkeit der Bilder und eine außergewöhnliche Perspektive für das Publikum. Dessen typisch touristischen und kulturellen Erfahrungshorizont spricht der Film auf diese Weise sehr direkt an.
Mit dem aktuellen Werk entwickelt Hannah Wolf überzeugend ihre bisherigen künstlerischen Ansätze inhaltlich und formal weiter. Die Jury ist sicher, dass diese Entwicklung mittels der Förderung durch den Karin Hollweg Preis und der damit verbundenen Einzelausstellung fortgeführt wird, und freut sich, eine vielversprechende junge Künstlerin auszeichnen zu dürfen.“
Die Arbeit der Preisträgerin ist zu sehen in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst als Teil der Ausstellung „Happy Hours – Meisterschüler:innen der HfK Bremen“. Diese findet bis zum 27. August 2023 in der GAK, dem Weserburg Museum für moderne Kunst und auf dem HfK-Ausstellungsschiff MS „Dauerwelle“ statt. Die gemeinsame Publikation zur Ausstellung ist ab sofort erhältlich in der GAK oder zu bestellen via office@gak-bremen.de
Die Preisträgerin
Hannah Wolf (*1985) lebt und arbeitet in Bremen. Sie war 2022/23 Meisterschülerin bei Julika Rudelius und studierte von 2017 bis 2022 Freie Kunst in der Klasse für Zeitmedien bei Jean-François Guiton, Jenny Kropp und Julika Rudelius an der HfK Bremen sowie von 2014 bis 2017 Medienkunst in der Klasse Intermedia bei Alba D’Urbano an der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig. Beteiligt war Hannah Wolf an folgenden Ausstellungen (Auswahl): 90. Herbstausstellung, Kunstverein Hannover (2023), 46. Bremer Förderpreis für Bildende Kunst, Städtische Galerie Bremen (2023), Kunstpreis Ottersberg, Kunstverein Fischerhude (2022) und „Completely Knocked Down – Bremen Recife Connection“, Städtische Galerie Bremen (2021/2022).
Die Jury
Dr. Matilda Felix (Städtische Galerie Delmenhorst), Prof. Dr. Christoph Grunenberg (Kunsthalle Bremen), Wolfgang Hainke (Künstler, Bremen), Dr. Arie Hartog (Gerhard-Marcks-Haus Bremen), Stefanie Kleefeld (Kunsthalle und Kunstmuseum Bremerhaven), Dr. Andreas Kreul (Karin und Uwe Hollweg Stiftung), Ingmar Lähnemann (Städtische Galerie Bremen), Nadja Quante (Künstlerhaus Bremen), Dr. Frank Schmidt (Museen Böttcherstraße) und Janneke de Vries (Weserburg Museum für moderne Kunst).
Bisherige Preisträger:innen
Das Dilettantin Produktionsbüro (Anneli Käsmayr und Jenny Kropp zusammen mit Claudia Heidorn, Anna Jandt und Alberta Niemann) (2007), Verena Johanna Müller (2008), Christian Haake (2009), Nicolai Schorr (2010), Noriko Yamamoto (2011), Janis E. Müller (2012), Franziska Keller (2013), Z. Schmidt (2014), Tobias Heine (2015), Claudia Piepenbrock (2016), Felix Dreesen (2017), Zhe Wang (2018), Mattia Bonafini und Luisa Eugeni (2019), Kate Andrews (2020), Shirin Mohammad (2021) und Martin Reichmann (2022).






Fotos: Franziska von den Driesch / Porträtfoto: Gabriela Valdespino