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J.S. Bach - Die Originalen Lautenwerke

September 2013

Joachim Held

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J.S. Bach - Die Originalen Lautenwerke
Joachim Held

Schon immer gab es kontroverse Ansichten darüber, ob die Lautenwerke des Thomaskantors wirklich für die Laute gedacht waren. Sie galten als unspielbar - wie übrigens lange Zeit auch die Sonaten für Violine solo. Die angebliche Unspielbarkeit der genannten Stücke hat dazu geführt, dass sie etwa auf dem Lautenklavier aufgenommen wurden. Aber es geht auch anders: Auf dieser CD bringt der international renommierte Lautenist und Professor an der HfK Bremen, Joachim Held, Bachs originale Lautenwerke auch auf der Laute zum Klingen. Unspielbar? Kaum vorstellbar, denn Bach kannte die Möglichkeiten dieses Instruments sehr genau. In seinem Haus gingen die prominentesten Lautenvirtuosen seiner Zeit ein und aus. Joachim Held erweckt hier die lange vernachlässigten Werke zu neuem Leben.

Joachim Held_Lautenwerk_Bach2.jpg

Verlag: SCM HänsslerArt.-Nr.: 098.649.000
Compact Disc , 12 S. Booklet
Spieldauer: 59 Min.
1. Auflage , Juni 2013
Preis: 18,95 Euro

Rezensionen zur CD

Aus: Klassic.com, 2.9.2013

Bach, Johann Sebastian - Lautenwerke: BWV 995, 998 & 1006a
Reduzierte Zahl

Label/Verlag: Hänssler CLASSIC
Detailinformationen zur Platte

Joachim Held hat sich jenen Werken zugewandt, die nach seiner Auffassung und Argumentation die originalen Kompositionen Johann Sebastian Bachs für die Laute sind, mit sehr ansprechendem Ertrag dank feinen Spiels.
Die heute als Lautenwerke Johann Sebastian Bachs angesprochenen Kompositionen sind hinsichtlich der Frage, für welches Instrument sie original entstanden sind, nicht unumstritten. Oft führen die als Lautenwerk apostrophierten Arbeiten zu erheblichen spieltechnischen Schwierigkeiten, gelten Bachs Kompositionen für dieses Instrument als nicht perfekt idiomatisch. Joachim Held stellt auf seiner aktuellen Platte mit dem Titel ‚Die originalen Lautenwerke‘ den Versuch an, die wirklich für die Laute konzipierten Kompositionen aus der Siebenzahl herauszufiltern, mit klugen, überzeugenden Argumenten und sehr gutem Ertrag.
Bach auf der Laute ist hochkonzentriert, vielschichtig, besonders das strukturelle Moment betonend – Linearität ist auf einem Zupfinstrument eben ein wesentlich schwieriger herauszuarbeitendes Element. Die von Held als Originale angesprochenen Werke – die Suite g-Moll BWV 995, Präludium, Fuge und Allegro BWV 998 und die E-Dur-Suite BWV 1006a – wirken vollkommen auf der Laute darstellbar und sind wunderbare Beispiele dafür, dass Bach ohne erkennbare Mühen dazu in der Lage war, für sehr verschiedene solistische Instrumente zu komponieren, ohne je in Gefahr zu geraten, seinen Personalstil anpassen oder verändern zu müssen. Unabhängig von der Frage, ob Joachim Held mit seinen Argumenten recht hat: Auch die üblicherweise über diese drei zum Lautenwerk gezählten Kompositionen können natürlich überzeugend auf der Laute gespielt werden, wie von etlichen Größen des Fachs gezeigt wurde.
Introspektive Souveränität
Joachim Held ist stilistisch außerordentlich vielseitig und agiert auch in diesem Programm behände und agil, spielt technisch makellos. Sein Sinn für Bachs Komponieren ist deutlich ausgeprägt – Held deutet das Komplexe verständlich, ohne das strukturelle Moment zu nivellieren. Dabei gehört er gewiss nicht zu denen – egal ob unter Lautenisten, Cellisten oder Geigern – die Bachs Solosuiten auf Biegen und Brechen zu tanzen geneigt sind. Eher folgt Held einem introspektiven, jedenfalls konzentrieren Zugang, gerade die überaus gelungene g-Moll-Suite BWV 995 zeigt das sehr deutlich. Immer wieder, gerade in den langsamen Sätzen, beweist er sein feines Gespür für jene Elemente, die über das Motorisch-Perkussive hinausweisen, entfaltet er eine feine Linearität. Natürlich dominiert spieltechnisch und artikulatorisch das kleinteilige Moment, aber nie wirkt das Geschehen in dieser Hinsicht destruktiv oder ohne Blick für Kontexte, für musikalische Gesamtcharakteristika.
Bei der Wahl der Tempi entscheidet sich der versierte Stilist eher für verhaltene Lösungen, womit er sich konsequent zeigt und seinen interpretatorischen Zugang insgesamt unterstreicht. Der Klang seines leider im Booklet nicht vorgestellten Instruments ist ausgewogen, mit eher gedeckten denn brillanten Registern, die aber sämtlich harmonisch verbunden und gleichermaßen präsent sind. Im Klangbild fallen Klarheit, Plastizität und höchste Konzentration ins Gewicht, bei maßvoller Räumlichkeit. Das Booklet ist zwiespältig: Einerseits überzeugt ein außerordentlich instruktiver, schlüssig argumentierender Text von Joachim Held in deutscher und englischer Sprache sehr, andererseits fehlt jegliche Information zum erklingenden Instrument – bei einer Platte mit solistischer Instrumentalmusik nicht verständlich. Und insgesamt hat die Beigabe eine eher karge Faltblattanmutung.
Joachim Held bildet seine Diskografie mit klug gewählten Schritten weiter: Nach Musik aus England, Italien, Frankreich, den habsburgischen Landen und wenigen weiteren Platten nun also Bach. Held ist auf dem Markt nicht inflationär präsent, besetzt aber die wichtigen Felder sukzessive mit relevanten Beiträgen. Bach war also nur eine Frage der Zeit. Und der programmatisch originelle Beitrag bestätigt Helds Rang unter den interessanten Lautenisten der Gegenwart.

RBB Rezension Schrammek vom 20.8.2013

Johann Sebastian Bach „Die originalen Lautenwerke“

Bach schätzte die Laute, auch wenn er sie nicht selber spielte. Das Bachwerk zu diesem Instrument ist übersichtlich, aber hat es in sich.

Bewertung:
Sehr wahrscheinlich hat sich Johann Sebastian Bach nicht aktiv als Lautenist betätigt. Zweifellos aber schätzte er dieses Instrument und setzte es in einigen Leipziger Kirchenwerken an exponierter Stelle ein – so z. B. in Arien der Johannes- und der Matthäus-Passion sowie der Trauerode. Die Kompositionen für Laute solo nehmen allerdings im Rahmen von Bachs Gesamtwerk nur einen kleinen Teil ein, wobei allein zwei der erhaltenen Lauten-Suiten Bearbeitungen von zuvor verfassten Werken für Violine bzw. Violoncello solo darstellen. Trotz des kleinen Werkbestandes und der nicht immer problemlosen technischen Umsetzbarkeit auf der Laute handelt sich um herausragende Kompositionen der Barockepoche für dieses Instrument.
Transparent
Der Lautenist Joachim Held hat sich nach jahrelanger Beschäftigung nun den Bachschen Lautenwerken in einer Aufnahme zugewandt. Unter dem Titel „Die originalen Lautenwerke“ vereint er die drei Kompositionen, die seiner Meinung nach sicher von Bach für die Laute vorgesehen waren (und nicht etwa für ein Lautenklavier oder ein anderes Tasteninstrument).

Joachim Held spielt die Kompositionen mit großer Souveränität und feinem künstlerischen Ausdruck. Die gesamte Aufnahme strahlt eine große Ruhe und Abgeklärtheit aus, Held vermeidet grundsätzlich überstürzte Passagen und übertriebene Tempi oder aufgesetzt wirkende Effekte. Sorgfältig gestaltet er in den Fugen die kontrapunktischen Strukturen, wägt Haupt- und Nebenstimmen ab und nimmt eine feinsinnige dynamische Gliederung vor. Die schnellen Tanzsätze der beiden Suiten geraten nie zu einem Wettlauf gegen die Uhr, hier steht für Joachim Held an erster Stelle die transparente Klanglichkeit.

Zugute kommt ihm sein überaus klangschönes Instrument und die hervorragende technische Qualität der Aufnahme. Die Laute – wahrlich kein einfach aufzunehmendes Instrument – klingt voll, obertonreich und rund sowie in allen Bereichen ausgewogen, während etwaige Spielgeräusche auf ein Minimum reduziert sind.
Bernhard Schrammek, kulturradio

hänssler CLASSIC, 11.09.2013

Joachim Held hat seine musikalische Exzellenz schon vielfach in Aufnahmen mit Werken aus Renaissance und Barock unter Beweis gestellt. Lange hat man auf seine Einspielung Bachíscher Lautenmusik gewartet – und das Warten hat sich gelohnt!
Unter dem etwas provozierenden Titel Die originalen Lautenwerke stellt Held lediglich drei der sieben von der Musikwissenschaft als von Bach für die Laute vorgesehenen Stücke vor. Mit gutem Grund: Schon im 19. Jahrhundert hegte man Zweifel an der Zuweisung einzelner Werke, und Held begründet in seinem ausgesprochen lesenswerten Booklet-Text die Auswahl überzeugend. Seine Bach-Aufnahme nimmt unmittelbar durch Klangschönheit und musikalische Intelligenz für sich ein: Selbst in komplexeren, polyphon durchwirkten Abschnitten wie etwa dem fugierten Mittelteil des Ouvertürensatzes der g-Moll-Suite BWV 995 bewahrt Held stets Klarheit und schlüssige Phrasierung, in den Tanzsätzen den essentiellen Puls. Nachhaltig beeindruckt hat mich die E-Dur-Suite BWV 1006a, die als dritte der Violinsolo-Partiten Bachs weithin bekannt ist. Zwar scheint die Tonart zunächst eher untypisch und unbequem für die Barocklaute zu sein, Held bezieht sich jedoch auf einige erhaltene Originalwerke aus der gleichen Zeit von Falckenhagen und Kohaut, und durch eine ebenso zeitgenössisch belegte Skordatur (Umstimmung der Saiten) wird das Werk bestens spielbar und klingt völlig lautenidiomatisch. Helds kluge dynamische Entwicklung, die breite Palette von Klangschattierungen, sorgfältige Artikulation und das „rhetorisch sprechende" Gestaltungskonzept bestätigen Joachim Helds Rang als einer der führenden Lautenisten unserer Zeit.

Rondo Magazin vom 31.8.2013

2012 veranstaltete Joachim Held in seiner Funktion als Lauten-Professor an der Bremer Hochschule für Künste das 1. Lautensymposium. Und in den drei Tagen brütete man über eine Frage, die die Musikwelt zwar nicht in Atem hält, aber dafür die Lautengemeinde schon lange beschäftigt. Wie viele Werke hat denn Johann Sebastian Bach nun explizit für dieses Instrument geschrieben? Offiziell werden sieben Kompositionen Bach zugeschrieben. Und obwohl sie sich auch in Gitarrenfassungen großer Beliebtheit erfreuen, hat man immer noch nicht den Stein des Weisen gefunden. Joachim Held jedenfalls ist nach reiflicher Analyse auch der spieltechnischen Anlage der Werke zur Überzeugung gekommen, dass einzig die Suiten BWV 995 & 1006a sowie Präludium, Fuge und Allegro BWV 998 als Originallautenwerke gelten können. Diese Meinung hat er nun auch in seinem Booklettext zur Einspielung unterstrichen, die kurz nach dem Gedankenaustausch mit seinen Kollegen entstanden ist. So schreibt er in seinem Résumé: „Hinsichtlich dieser drei Werke […] ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie tatsächlich für die Laute entstanden.“ Trotz der Gewissheit, die aus dem Album-Titel „Die originalen Lautenwerke von J. S. Bach“ spricht, scheint da dennoch ein Restzweifel zu bestehen, mit dem sich wohl weitere Symposien den Kopf zerbrechen müssen. Unlängst hat Helds Lehrer Hopkinson Smith seine Gesamteinspielung der für Laute bearbeiteten Cello-Suiten von Bach komplettiert. Und hat man noch dessen klangliche Variabilität bei gleichzeitiger Gedankentiefe im Ohr, übertrumpft Held seinen alten Herrn und Meister dann doch noch mal. Die gesamte farbliche und dynamische Palette kommt bei ihm mit einer makellosen Leichtigkeit daher. Sein Instrument kann sich in seinen Händen in einen großen, atmenden Körper verwandeln und zwischendurch mit Charme und Delikatesse dahin tänzeln. Und auf die einfühlsame Milde lässt Held konturenreiche Taghelligkeit selbst im Kontrapunktischen folgen. Nun könnte man die Aufnahme als stärkstes Argument für Helds Thesen begreifen. Doch deswegen wird er sich (hoffentlich bald) nicht weniger engagiert für die „unechten“ Bach-Werke einsetzen.
Guido Fischer, 31.08.2013