MS Dauerwelle

Dauerwelle. Traveling space for new modes of coming together with bodies and things.

Seit 2018 arbeiten Asli Serbest, HfK-Professorin für temporäre Räume, und Mona Mahall, Professorin für Architektur und Kunst an der Hafen-City Universität Hamburg, an Konzept und Entwurf zur Transformation eines Fahrgastschiffs in einen beweglichen Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen der HfK. 1962 auf der Werft „Edgar André" in Magdeburg für bis zu 750 Personen erbaut, gehört das 53 Meter lange Schiff zur „Dichterklasse", einer Serie von acht Binnenschiffen in der DDR, die nach Schriftstellern benannt wurden. „Dauerwelle" hieß damals „Heinrich Mann". Seit 2014 war das Schiff in Gelsenkirchen unter dem Namen „Pirat" für Techno-Partys unterwegs.

Mit dem Schiff suchen Serbest/Mahall nach einer aktiven Verbindung zwischen Hochschule und Stadt sowie einem Ort, der unterschiedliche Öffentlichkeiten ermögliche und quer zu sozialen, ästhetischen und technologischen Kontexten agiere. Das Schiffsprojekt, das für ihre künstlerische Praxis mit temporären und prozesshaften Räumen steht und das sie gemeinsam mit Peter Lilienthal realisieren, erlaube Aktivität und Agilität. Als schwimmender, nomadischer Raum ohne festen Boden kann das Schiff von seinem festen Liegeplatz an der Bürgermeister-Smidt-Brücke aus, direkt gegenüber der Weserburg, dem Museum für moderne Kunst, auf Binnenwasserstraßen unterwegs sein. Durch subtraktive Veränderungen im Inneren erhält es eine Halle, in der verschiedene Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden können — zusätzlich zu den drei offenen Decks. Die „Dauerwelle" kann Projekte der HfK und anderer Institutionen aufnehmen und Begegnungen als politischen und ästhetischen Impuls ermöglichen.

Serbest/Mahall erklären ihr Konzept so: „Ein Schiff als einen Ausstellungsraum in Bewegung zu denken, bedeutet, sich den Raum aktiv vorzustellen: nicht so sehr als einen Kunstcontainer, der besucht werden kann, sondern vielmehr als einen Akt des Besuchens selbst. Das Schiff erreicht verschiedene Orte als Gast oder Eindringling, als vorübergehender Nachbar in städtischen oder ländlichen, in dichten oder eher verstreuten Gebieten. Es stellt statisches institutionelles Denken, feste räumliche Gegebenheiten und organisatorische Strukturen sowie die Idee einer unveränderlichen Öffentlichkeit in Frage.
Insofern das nomadische als Alternative zum sesshaft-vernünftigen Denken angenommen wird, kann auch das Schiff andere Formen des Ausstellens und Diskurses eröffnen. Es kann diverse Kontakte knüpfen helfen und fordert neue kollektive Prozesse und verschiedene Weisen des Machens und Wahrnehmens von Dingen ein. Das Schiff wird vor allem neue Formen des Zusammenkommens ermöglichen."

Die „Dauerwelle" könne laut Serbest/Mahall als eine späte Antwort auf die utopischen Projekte radikaler Architektur der 1960er- und 1970er-Jahre verstanden werden – etwa die Entwürfe einer „Walking City" oder „Nonstop City" der Künstlergruppen Archigram (Großbritannien) und Archizoom Associati (Italien). Sie hatten Räume, Architekturen und sogar Städte konzipiert, die nicht an feste Orte gebunden, sondern in ständige Bewegung versetzt werden sollten. „Die Bewegung, nicht die große (maskuline) Utopie, ist von Interesse für das Schiff, das bereits seit 60 Jahren im Einsatz ist. Es verweist zugleich auf eine Reihe von historischen und aktiven Beziehungen: Beziehungen der Macht und der Ausbeutung, aber auch des Begehrens und der Phantasie, in Bremen, die koloniale Geschichte mit einer kolonialen Gegenwart, in Europa, touristische Ausflüge mit Flucht. Dauerwelle ist eine Agentin, die Dinge, Lebewesen und Ideen verbinden und konfrontieren kann", so Serbest/Mahall.

Hier sehen Sie die verschiedenen (Reise-)Stationen des HfK-Schiffs „Dauerwelle", bis es seinen festen Liegeplatz in Bremen einnehmen wird.

Asli Serbest, Mona Mahall und Peter Lilienthal, Leiter der Hausverwaltung und Haustechnik an der HfK, machen sich auf den Weg nach Gelsenkirchen, um die Schiffsübergabe zu vollziehen. Start ist am Montag, 9. November 2020, in Grimberg gegen 12 Uhr. Es geht auf dem Rhein-Herne Kanal über Oberhausen-Dorsten weiter zur Schleuse Flaesheim. Ziel der Überführung ist die Kötter Werft in Haren, wo das Schiff überholt wird und erste (Umbau-)Arbeiten stattfinden.

Die Schiffsübergabe, letzte technische Details und Fragen können geklärt werden: Peter Lilienthal als Allrounder in Sachen Schifforganisation und -übergabe mit dem vorherigen Eigner Guido Krohmann auf der „Dauerwelle".

Die „Dauerwelle" ist in der Kötter Werft in Haren auf dem Trockendock und wird für die Umbauarbeiten vorbereitet.

Das Schiff wird renoviert, um bewegliche Raum- und Ausstellungskonzeptionen zu ermöglichen.

Das Zwischendeck der „Dauerwelle" wird herausgetrennt. Bagger- und Schweißarbeiten schaffen somit Platz für den flexiblen Ausstellungsraum.

Die „Dauerwelle" ist um 60 Tonnen Stahl leichter geworden. Damit die Statik gewahrt bleibt, füllen nun 14 Tonnen Kies als Ballast den Schiffsrumpf.

Das Schiff liegt am Lankenauer Höft, fast genau gegenüber der Hochschule auf der anderen Seite der Weser. Dort werden letzte Arbeiten vorgenommen.

Ende Januar kommt die „Dauerwelle" an ihren festen Liegeplatz an der Bürgermeister-Smidt-Brücke, direkt gegenüber der Weserburg, dem Museum für moderne Kunst.

Ein Blässhuhn hat die „Dauerwelle" als erste Bewohnerin bezogen.

Endlich ist es soweit: Die „Dauerwelle" hat am Samstag, 22. Januar 2022, seinen ersten Liegeplatz in Bremen an der Bürgermeister-Smidt-Brücke eingenommen.

Fotos: Lukas Klose & Pia Winter

Video: Lukas Klose

Fotos: Lukas Klose

Nach drei Jahren Entwurf und Planung hat die Transformation des einstigen Fahrgastschiffs in einen beweglichen Raum der HfK aber gerade erst begonnen. Nun können Studierende und Lehrende das Schiff nutzen und durch Wandel sowie Bewegung im Inneren wie Äußeren neue aktive Verbindungen zwischen Hochschule, Stadt und Land ermöglichen.

Diplomausstellungen 2022

Das Programm beginnt mit einer Diplomausstellung der Freie-Kunst-Studierenden Ole Prietz und Behshad Tejammol. Für sie stehen drei offene Decks und eine Halle zur Verfügung. Die Schau wird am 3. Februar HfK-intern eröffnet und ist am 4., 5. und 6. Februar 2022 zu besuchen.

Fotos: Ana Rodríguez

Workshop: Körper Tanz Protest, der Lauf der Dinge, das Schiff als Resonanzkörper

Zum Abschluss der Vorlesungszeit im Wintersemester konnte die Dauerwelle für einen Workshop unterschiedlicher Studierender genutzt und in unterschiedlicher Form erprobt werden.
Die Studierenden aus Freier Kunst, Integriertem Design, Digitalen Medien und Musik beschäftigten sich mit Tanz- und Körperpraktiken des Protestes und fragten nach Möglichkeitsformen politischer Haltung in dem ‚der Lauf der Dinge' unterbrochen und hinterfragt werden kann. Die Dauerwelle selbst wurde dabei als Resonanzkörper begriffen. Aus Soundaufnahmen an Reling, Innenraum, Fensterflächen und Bootskörper wurden kleinere Kompositionen entwickelt, zu denen die Studierenden Performances, Gesten und kleinere Choreographien entwickelten. Stoffe und Materialien aus einem Arbeitsprozess zur Figur des Narren als einer politischen Figur und des Narrenschiffes von Daniel Mohr im Rahmen seiner Vorbereitungen zum Masterabschluss in der Mode bildeten im Workshop einen inspirierenden zweiten Raum.

Die Dauerwelle ist ein lichtdurchfluteter, sehr besonderer Ort und trug zu einer wunderbaren, respektvollen, intimen Arbeitsatmosphäre bei.

Teilnehmende: Ruby-Marie Lohse, Berna Esra Ayzit, Alina Denzin, Benjamin Schlemmer, Vera Deubner, Jiale Wei, Reika Hattori, Lina Brockop, Noura Assayed, Celine Nastasia Schesnik, Leonie Iwohn, Malte Servaty, Daniel Mohr, Carola Mittelstraß, Hanna Everding, Berit Riekemann, Leon Berger, Jule Denzin, Thi Laura Mai Nguyen Chi, Raphael Sbrzesny u.a.

Fotos: Raphael Sbrezsny

NARRETEI – MA-Abschlussarbeit von Daniel Mohr

Daniel Mohr, Master-Student im Studiengang Integriertes Design schreibt: 

„NARRETEI" ist der Name meines Mode-Masterabschlusses an der Hochschule für Künste Bremen, 2022. In meiner Thesis beschäftige ich mich mit der heiligen Figur des Narren das sich aus dem nativ-amerikanischen Trickster entwickelte, durch die katholische Kirche im 15. Jhd. geformt und dämonisiert wurde und später in Karnevalsfestivitäten, dem Clown, der Punk-Bewegung der späten 1970er Jahre und in der Zukunft im Cyberpunk weiterlebt. Woher kommt der Narr? Wieso bekam sein Charakter eine negative Konnotation? Wo finden sich heute noch Narren und wird die Narretei eine Zukunft haben?

Ausstellung: FEAR. In Russia: in jails, in Ukraine: dying.

Expressionistisch zerfurchte, mit pastosem Farbauftrag gemalte Gesichter, die ins Leere starren. Oder in angstgesättigter Scheu verharren. Als Totenmaske an Unheil gemahnen. Hinter Gittern verdämmern. Not und Leid ausdrücken und vor Entsetzen geradezu bersten. Die Gemälde von Anastasiia Guzenkova sind so unfasslich real, so radikal entrückt. Knallrot glühen die Bilder, umhüllt von undurchdringlicher Dunkelheit, die für den Verlust von Klarheit und Kontrolle steht, für das Unbekannte, das Bedrohliche. Für die Nachtseiten der Wirklichkeit, des Lebens. Den Abgrund der Zivilisation oder für ihren Rand, wo sie sich in die Barbarei auflöst. Den Krieg.

Die Künstlerin ist in Moskau geboren wie auch aufgewachsen, 24 Jahre alt und studiert im sechsten Semester Freie Kunst bei Heike Kati Barath, Professorin für Figurative Malerei an der Hochschule für Künste (HfK) Bremen.

Die zweigeteilte Ausstellung mit mehr als 20 Werken ist vom 19. März bis 26. März 2022, täglich von 14 bis 19 Uhr, zu besichtigen.

Fotos: Lukas Klose

Gruppenausstellung – OUR POROUS LIMITS II

Gruppenausstellung auf der Dauerwelle der HfK Bremen betreut von Wendelin van Oldenborgh vom 14. bis 24.4.2022. 

Ausstellende Künstler:innen:
Maria Arzt, Miyeon Chung, Tabea Erhart, Ruoxian Fu, Carlotta Haebler, Dohee Kim, Elizaveta Kovalenko, Hyunbok Lee, Angela Lieber, Jiwoo Park, Jana Piotrowski, Vicc Repasi, Victor Artiga Rodriguez, Liudmila Savelyava, Renen Itzhaki Solstice, Abdulghaffar Tammaa, Yuliya Tsviatkova, Jonad Yipeung

OUR POROUS LIMITS ist die zweite Ausstellung, die sich aus einer im Winter 2020 entstandenen Arbeitsweise des gemeinsamen Austausches entwickelt hat und vorher während des Lockdowns und pandemischen Einschränkungen des letzten Jahres in einer ersten Ausstellung in der Spedition mündete. Ziemlich genau ein Jahr später freuen wir uns umso mehr, euch zu unserer nächsten Ausstellung einladen zu können, die der gleichen Logik folgt und dieses Mal für Besucher*innen geöffnet ist.

Das Interesse ist gewachsen, die Verbindungen zwischen den verschiedenen und vielseitigen Praktiken der teilnehmenden Künstler*innen zu stärken. In Form einer 'chain of response', in der die Künstler*innen jeweils auf die Arbeiten der anderen reagiert haben, gibt es einen intensiven Austausch untereinander. Diese Praxis bildet außerdem eine unterstützende und tragende Struktur, welche durch die Anatomie der Ausstellung leitet. Es ist das Kollektiv, das die Ausstellung trägt, während es die individuellen Positionen anerkennt und stärkt. Gleichzeitig lässt sich in der Wahrnehmung von Überschneidungen der einzelnen Interessen, eine kollektive Stärke erkennen.

Fotos: Ana Rodríguez

Erste Ausstellung des binational Artistic PhD-Programms der Hochschule für Künste Bremen

Halbe Halbe – Floating in, Swerving out, Doing Art and Theory, 14.–19. Juni

Am 14. Juni wurden die einzelnen Projekte der Ausstellung in Vortragsperformances von 18 bis 20 Uhr in den Räumlichkeiten der Gesellschaft für Aktuellen Kunst (GAK) Bremen vorgestellt. Um 20:30 Uhr begann dann die Vernissage der Ausstellung „Halbe Halbe" auf dem HfK-Schiff „Dauerwelle", die vom 14. bis zum 19. Juni besucht werden konnte. Mit der Ausstellung nahm die HfK auch an der Langen Nacht der Museen am 18. Juni teil.

„Die PhD-Kandidatinnen und Kandidaten haben sich Projekten und Forschungsaktivitäten gewidmet, die über klassische Disziplinengrenzen hinausgehen", sagt Prof. Dr. Andrea Sick, Konrektorin für künstlerische Forschung und internationale Angelegenheiten an der Hochschule für Künste. „Dies spiegelt sich auch in dem Namen der Veranstaltung wider. ‚Halbe Halbe' versinnbildlicht, dass eine Abgrenzung zwischen Kunst und Theorie in der Ausstellung, wie auch in der Praxis der Ausstellenden, nicht besteht", so Prof. Dr. Sick. „Der Titel bringt aber natürlich auch eine gewisse Ironie, eine ironische Selbstreferenz, zum Ausdruck, die sich auf die Unmöglichkeit der Forderung bezieht, eine so strenge Aufteilung in Kunst und Theorie in allen Bereichen durchzuhalten und in der Arbeit immer schon mitzudenken. Eine genau kalkulierbare und messbare Wechselbeziehung lässt sich einfach nicht verrechnen," betont Prof. Dr. Sick.

Fotos: Jimmy Lui

Die Schiffstaufe fand am 4. Mai 2022 um 18 Uhr am Liegeplatz an der Bürgermeister-Smidt-Brücke – gegenüber der Weserburg – statt.

Das 53 Meter lange Schiff hat bereits im Januar 2022 seinen Liegeplatz im Zentrum Bremens eingenommen. Nun folgte die offizielle Schiffstaufe, die in feierlichem Rahmen stattfand. Neben Reden von Professor Roland Lambrette, Rektor der HfK, und Dr. Antje Stephan, Kanzlerin der HfK, hielt auch Kay Wenzel, Vertreter des Senators für Wissenschaft und Häfen in Bremen, ein Grußwort.

Asli Serbest, Professorin für Temporäre Bauten, hat das Projekt der Dauerwelle gemeinsam mit Mona Mahall, Professorin für Architektur und Kunst an der Hafen-City Universität Hamburg, maßgeblich geprägt. Professorin Serbest gab Einblicke in die Geschichte und in das Konzept der „Dauerwelle". Ingo Vetter, Professor für Bildhauerei mit klassischen Werkstoffen und Dekan an der HfK, sprach über die Bedeutung der „Dauerwelle" für die HfK aber auch für Bremen.

Die Schiffstaufe wurde von Peter Lilienthal, technischer Leiter der HfK, anmoderiert. Lilienthal hat den Umbau der „Dauerwelle" mitverantwortet und mit viel Engagement begleitet.

Das Programm wurde von Musik, Performances, Video-Projektionen und einer Klanginstallation von HfK Studierenden abgerundet.

Fotos: Lukas Klose

Die Schiffstaufe

Video: Lukas Klose

Kleine Rundfahrt um die "Dauerwelle"

Video: Lukas Klose