Montag | 14. November 2022

Der Frese-Design-Preises 2022 geht an drei Absolvent:innen der Hochschule für Künste Bremen

29 Studierende zeigen ihre Abschlussarbeiten mit der Jahresausstellung „J22“ bis zum 16. November 20

Eine Pressemitteilung von Melisa Lemcke

© Hochschule für Künste Bremen – Lukas Klose

Eine international besetzte Jury zeichnete drei Studierende der Hochschule für Künste (HfK) Bremen als Frese-Design-Preisträger:innen aus: Noriyuki Suzuki, Te I Um und Klara Linde. Außerdem wurden Hanna Paniutsich, Kai Schorowsky sowie Victor Artiga Rodriguez & Icaro Lopez de mesa Moyano für ihre Arbeiten mit den Frese-Design-Belobigungen gewürdigt.


Alle sechs Künstler:innen sind Absolvent:innen der HfK-Studiengänge „Integriertes Design“ und „Digitale Medien“ und präsentieren mit 23 Kommiliton:innen noch bis zum 16. November 2022 ihre Abschlussarbeiten im BLG Forum: J22 ist diese Jahresausstellung betitelt.

Die Jury zeigte sich bei der Preisvergabe während der Ausstellungseröffnung „positiv beeindruckt von der Qualität der Arbeiten, die sich durch Originalität, konzeptionelle Raffinesse und sorgfältige Ausführung auszeichnen und sich mit relevanten Themen der heutigen Gesellschaft befassen“.

Der Frese-Design-Preis wird seit 2014 an junge Designer:innen und Gestalter:innen der HfK Bremen verliehen. Er hilft dabei, Absolvent:innen aus dem Fachbereich Kunst und Design mit ihren Arbeiten national und international sichtbar zu machen, ihr gestalterisches Engagement zu fördern und den beruflichen Start zu unterstützen.

Mit dem Frese-Design-Preis sind Preisgelder in der Höhe von 5.000 Euro für den 1. Preis, 3.000 Euro für den 2. Preis sowie 2.000 Euro für den 3. Preis verbunden.

1. Platz: Noriyuki Suzuki (Digitale Medien, Master of Arts)

Titel: Invisible Hand, Genre: Installation

Werkbeschreibung: „Invisible Hand“ ist eine kinetische Skulptur, die die Todeskammer für Delinquenten der japanischen Todesstrafe symbolisiert, die auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch praktiziert wird. 2021 wurden laut Amnesty International drei Todesurteile in Japan vollstreckt. Die Hinrichtungen durch den Strang werden unter Wahrung der Anonymität des Täters durchgeführt. „Eine unsichtbare Hand führt den Tod der Verbrecher herbei, als ob niemand an dem Prozess beteiligt wäre“, so Noriyuki Suzuki

Aus der Begründung der Jury:

„Die Mitglieder des Ausschusses waren besonders beeindruckt von der Art und Weise, wie Noriyuki Suzuki uns mit ,Invisible Hand‘ zu einer Reflexion über die umstrittenen Themen der Handlungsfähigkeit, der delegierten Macht und der Verantwortung anleitet und dabei subtil auf die Verfahren bei der Vollstreckung von Todesurteilen in Japan anspielt. Suzukis Werk ist sinnlich, emotional und dramatisch, voller Verweise und Metaphern. Sie kombiniert unerwartete Artefakte wie einen Stuhl und Vorhänge, um die düstere Atmosphäre japanischer Hinrichtungskammern nachzustellen, während hydraulisch betriebene Birkenzweige die verteilte Verantwortung darstellen, indem sie gebogen und übereinander gepresst werden. Das Werk ist hochpolitisch, eine Metapher für unsere gegenwärtiges Verhalten, wie wir Verantwortung für aktuelle Probleme ablehnen und maschineller Autorität Leben einhauchen.“

2. Platz: Te I Um (Integriertes Design, Master of Arts)

Titel: ChuChu and TuTu, Genre: Installation mit Animationen, Comics und Grafiken

Werkbeschreibung: „Meine Forschung zielt darauf ab, die Grausamkeit der alltäglichen Diskriminierung in unserer Gesellschaft mit Hilfe der Ästhetik des Kitsches zu enthüllen. Anhand von ChuChu und TuTu – Figuren, die ich selbst geschaffen habe und die bestimmte Stereotypen in der Gesellschaft repräsentieren – denke ich in meiner Arbeit über die soziale Struktur, die Hierarchie und die Grausamkeit der menschlichen Natur nach.“

Aus der Begründung der Jury:

„Wir fühlen uns geehrt, Te I Um als Gewinnerin des zweiten Preises zu präsentieren. Ihr gut beobachtetes, mutiges Werk spricht persönliche und universelle Aspekte der Erfahrung alltäglicher Diskriminierung und sozialer Strukturen der Stereotypisierung des Andersseins in eurozentrischen Sphären an. Durch ihre ausgewogene, qualitativ hochwertige Ausführung auf allen Ebenen der Projektentwicklung schuf Te I Um eine spielerische Parallelwelt, in der das Publikum die Erzählung über verschiedene Medien organisch erkunden kann. Die Ästhetik des ,Kitsches‘ wurde sehr geschickt eingesetzt, um die vorgestellten Ideen fast bis ins Groteske zu überspitzen, ohne jedoch jemals den leichtfüßig-satirischen Blick zu verlieren. Uns fiel der virtuose und professionelle Umgang mit verschiedenen Medien auf, der eindrucksvoll demonstriert, wie Illustration aus einem zweidimensionalen grafischen Impuls eine räumliche Empfindung zu einem dreidimensionalen skulpturalen Erlebnis entwickeln kann.“

3. Platz: Klara Linde (Integriertes Design, Bachelor of Arts)

Titel: Umbruch, Genre: Publikation

Fragen als Ausgangspunkt des Werkes: „Deutsch-Ossig ist einer von mehr als 300 Orten, die dem Kohletagebau weichen mussten. Er war Heimat meiner Familie. Ich konnte ihn nie kennenlernen. Wie war es dort, das Leben? Wie wurde der Kohleabbau wahrgenommen? Die Umsiedlung? Der neue Wohnort im Kohleersatzbau? Und was bleibt von einem Ort, der sich nun in der Mitte eines Sees befindet?“ (Klara Linde)

Aus der Begründung der Jury:

„Die Zwangsumsiedlung einer ostdeutschen Gemeinde durch den Einzug des Kohletagebaus und deren Folgen ist das Thema der Bachelorarbeit von Klara Linde. Der Bezug zu Themen wie Migration und Vertreibung, die immer mehr an Aktualität gewinnen, wird in der gründlich recherchierten Arbeit deutlich. Sie besticht durch ihre Vielfalt und die professionelle multimediale Umsetzung, die aus drei Teilen besteht: Eine dokumentarisch anmutende Bilderserie zeigt Reihenhäuser, in denen die Familien nach ihrer Umsiedlung leben. Scanartige großformatige Bilder zeigen im Detail Fundstücke in leerstehenden Häusern. Die umfangreiche Publikation, die auch Interviews mit Betroffenen enthält, besticht durch eine gelungene Umsetzung, eine durchdachte typografische Gestaltung, zielgerichtet gestaltete Karten und den gezielten Einsatz verschiedener Drucktechniken.“

Besondere Belobigungen werden Hanna Paniutsich, Kai Schorowsky sowie Victor Artiga Rodriguez & Icaro Lopez de mesa Moyano zuteil.

 

Hanna Paniutsich (Digitale Medien, Master of Arts): Vypramieńvannie (Radioactivity), Installation

Begründung der Jury: „Hanna Paniutsich nähert sich mit ihrer Installation der Verantwortung der Nuklearkatastrophe, die uns alle belastet. Die Arbeit zeigt uns auf taktile Weise, wie Radioaktivität über lange Zeit Spuren hinterlässt und den Klimawandel, das Bodenmikrobiom und alle Pflanzen und Lebewesen beeinflusst.“

Kai Schorowsky (Integriertes Design, Bachelor of Arts): Myth Private Pool, Drucke/Buch

Begründung der Jury: „Eine lobende Erwähnung geht an das Projekt von Kai Schorowsky – eine experimentelle und faszinierende Recherche mit vielen historischen und anthropologischen Bezügen zu den Phänomenen des Privatpools von der Antike bis heute. Die Zeichnungen in dem Buch verblüffen durch eine so originelle Art und Weise, dass wir alle das Buch mitnehmen wollten!“

Victor Artiga Rodriguez & Icaro Lopez de mesa Moyano (Digitale Medien, Master of Arts): The Paradoxical Myth of the Crazed Jaguar and Nene de Solar, Performance

Begründung der Jury: „Victor Artiga Rodriguez und Icaro Lopez de mesa Moyano faszinierten uns mit einer techno-schamanistischen Performance, in der sie die Grenzen zwischen digitalen, mechanischen und traditionellen Medien verwischten. Sie stellten den Mythos von Jaguar und Solar nach und brachten uns das Problem der Verwestlichung des indigenen Erbes näher.“

Die Jury des diesjährigen Frese-Design-Preises setzt sich zusammen aus Serge Rompza (Grafikdesigner, Designstudio NODE Berlin Oslo), Julia Eberhardt (an der HfK Bremen ausgebildete Modedesignerin, Kleider- und Kunsthistorikerin sowie Kollektionsentwicklerin für die Marke „Vivienne Westwood“), Dr. César E Giraldo Herrera(Sozialanthropologe, Biologe, freiberuflicher Forscher und Autor), Daria Parkhomenko (Gründungsdirektorin der russischen Laboratoria Art & Science Foundation, lebt derzeit in Deutschland, arbeitet am Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe) und Moritz Putzier (an der HfK ausgebildeter Produktdesigner).