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Freitag | 25. März 2011

Benefizkonzert für Japan

Die japanische Sopranistin Emiko Okuyama konnte nach einer Konzertreise nicht in ihre Heimat zurück

Die japanische Sopranistin Emiko Okuyama konnte nach einer Konzertreise nicht in ihre Heimat zurückkehren / Mit einem Konzert will sie gemeinsam mit dem Pianisten Stephan Seebass ihren Landsleuten auch aus Bremen helfen.

Eigentlich stand der Tag des Abschieds fest. Die Koffer waren gepackt, eine kleine Konzertreise in und um Bremen – unter anderem an der Hochschule für Künste Bremen - war erfolgreich abgeschlossen. Es waren schöne Konzerte gewesen, sie hatten Freude gemacht – dem Publikum und ihr als Solistin: „Perlen des Gesangs“ mit Liedern von Mozart, Schubert und Schumann.

Jetzt am Morgen der lang geplanten Heimreise mischte sich bei Emiko Okuyama ein bisschen Abschiedswehmut mit der Vorfreude, endlich ihren Mann, ihre Freunde und ihre Gesangsschülerinnen in Japan wiederzusehen. Noch ein letztes gemeinsames Frühstück im Hause ihrer langjährigen Mentorin und Lehrerin, der großen Sopranistin Helen Donath. Dann sollte es zum Flughafen und zurück nach Tokyo gehen. Dort warteten bereits die nächsten Aufgaben und Konzertverpflichtungen auf die japanische Sopranistin.

Es war der Morgen des 11. März 2011. Im Hause der Donaths stellte man kurz das Radio ein, um wie gewohnt kurz die Nachrichten zu hören. Es waren furchtbare Nachrichten. Nachrichten aus Emiko Okuyamas Heimat. Dann die Bilder im Fernsehen, bedrückende, unfassbare Bilder. Bilder der Zerstörung und der Verzweiflung.

„Emiko, bleib hier!“ riet Helen Donath ihrer jungen Kollegin. Und andere deutsche Freunde und Kollegen hatten den gleichen Rat. Emiko Okuyama blieb – voller Sorge, voller Trauer. voller Ungewissheit.

So viele Bilder, so viele Nachrichten, so viele Informationen aus Radio und Fernsehen. Aber: Wo ist mein Mann? Wie geht es ihm? Was ist mit meinen Freundinnen und Freunden? Geht es meinen Schülerinnen gut? Auf diese Fragen hatten die Nachrichtensendungen keine Antworten. Ob ihr Elternhaus gleich neben der Präfektur der durch Erdbeben und Tsunami schrecklich verwüsteten Hafenstadt Sendai noch steht – Emiko Okuyama weiß es bis heute nicht. Immerhin: Ihren Mann in Tokyo hat sie inzwischen erreicht und einige gute Freundinnen auch. Sie leben und sie sind in Sicherheit. Aber von vielen anderen Bekannten und Freunden in Sendai und in der Nähe der havarierten Atomkraftwerke in Fukushima hat sie bis heute nichts gehört.

Die letzten Tage hat Emiko Okuyama bei der Familie ihres langjährigen musikalischen Partners und Begleiters Stephan Seebass, Pianist und Professor an der Hochschule für Künste Bremen verbracht. Tage zwischen Hoffen und Bangen. „Ich bin sehr, sehr traurig“, sagt sie. Die Bilder und Nachrichten aus Ihrer Heimat: „Ich kann und mag inzwischen nicht mehr hinsehen.“

Aber vielleicht kann man etwas tun, ein bisschen zumindest. Einen ganz kleinen Beitrag der Hoffnung und Unterstützung – auch so weit weg von zu Hause. Hier in Bremen für die Menschen in Japan. „Musik kann Trost geben. Und Kraft und Hoffnung.“ Das war der Anfang einer gemeinsamen Idee von Emiko Okuyama und Stephan Seebass: Ein Konzert für Japan.

Benefizkonzert für Japan mit 
Emiko Okuyama, Sopran
Stephan Seebass, Klavier
am Sonntag, 27. März 2011, 12.30 Uhr
in der Kirche Unser Lieben Frauen,
Christopherussaal

Auf dem Programm stehen japanische Lieder sowie Werke von Franz Schubert, Robert Schumann, Johannes Brahms und Richard Strauss. Der Eintritt ist frei, Spenden für Japan sind herzlich erbeten. Der Erlös des Konzertes, so haben es die beiden Künstler Emiko Okuyama und Stephan Seebass beschlossen, soll der Japanhilfe der Deutsch-Japanischen Gesellschaft zu Bremen zukommen.

Und wenn es geht und möglich ist, möchte Emiko Okuyama am Tag nach dem Benefizkonzert in Bremen gerne wieder Richtung Heimat fliegen. Nach Tokyo, wo ihr Mann wartet, wird es wohl nicht klappen. Vielleicht bis Osaka. Dort abholen wird ihr Mann sie wohl nicht können, das hat er schon per E-mail einräumen müssen: Benzin für das Auto ist kaum zu bekommen, der Strom häufig abgeschaltet und selbst manche Lebensmittel sind in der Weltmetropole Tokio knapp geworden. Wie schön, dass es immer noch die Musik gibt!

Emiko Okuyama studierte an der Universität von Yamagata in Japan Gesang und Klavier. Ihre weitere Ausbildung erhielt sie am Nikikai- Operninstitut in Tokyo. Neben erfolgreicher Lehrtätigkeit in Tokyo wurde sie als Liedsängerin sowohl in Japan als auch in Deutschland häufig als Solistin verpflichtet.

Sie sang u.a. die Sopran-Partien im Weihnachtsoratorium, in der h-Moll Messe und Kantaten von Bach, im Messias von Händel, in der Vespere von Mozart, in der Missa solemnis und der 9. Symphonie von Beethoven, den Requien von Brahms und Fauré. Opernerfahrungen sammelte sie als „Susanna” und als „Gräfin” (Le Nozze di Figaro), als „Pamina” und als „Papagena” (Die Zauberflöte), als „Musetta” (La Bohème). Bei einer großen Co-Produktion zwischen Tokyo und Köln sang sie die „Sophie” (Der Rosenkavalier).

In 2004 bekam sie von dem japanischen Kulturministerium ein Stipendium für ein Jahr um sich in Europa weiter ausbilden zu lassen. Daraufhin studierte sie in Wien u.a. bei Frau KMS Olivera Miljakovic und Frau Marget Cahn. Außerdem nahm sie an Meisterkursen von Ruth Ziesak, Frau KMS Olivera Miljakovic, und Herrn Zeger Vandersteene teil.

Prägende Impulse erhielt sie durch mehrjährige Arbeit mit Kammer-Sängerin Helen Donath und dem Dirigenten und Pianisten Klaus Donath. Produziert wurden NHK Rundfunk-und CD-Aufnahmen in Japan und Deutschland.

Stephan Seebass gab seine ersten Konzerte mit 15 Jahren - auch als Solist in Orchesterkonzerten u.a. in Magdeburg, Dresden, Berlin. Er studierte in Leipzig bei Amadeus Webersinke und in Berlin an der Hochschule für Musik (heute Universität der Künste) bei Günter Plagge und Gerhard Puchelt. Wilhelm Kempff lud ihn zu einem seiner in Positano (Italien) stattfindenden Meisterkurse ein.

Seit 1980 ist Stephan Seebass Professor für Klavier an der Hochschule für Künste Bremen. Seebass gab Meisterkurse in China, Japan, Korea, den USA und Mexiko. 1993 wurde er als Gastprofessor an die Musikhochschule in Akita (Nord-Japan) berufen. Er konzertierte in verschiedenen Ländern West- und Osteuropas, Vorder- und Ostasiens, Mittelamerikas, in Südafrika, Kanada und den USA. 2002 erfolgte die Berufung als Gastprofessor an die Ferris-Universität in Tokyo/Yokohama. Schallplatten- und CD-Einspielungen: Solo, Kammermusik, Liedbegleitung. Jury-Tätigkeit im In- und Ausland.