Wird die Töpferscheibe ausgemustert? Arbeitet der moderne Keramiker nicht mehr mit den Fingern im Ton? Naht das Ende eines der ältesten Kunsthandwerke der Welt? „Nein“, entgegnet Ute Fischer den Fragen zum neuen 3D-Potter-Bot 10 Pro im Raum 1.15.030. Sie hat Freie Kunst an der HfK studiert, ist seit 2003 Werkstattleiterin Keramik und hat ihr Angebot für Studierende um den 3-D-Ton-Drucker ergänzt. Er ersetze nicht das traditionelle Arbeiten, sondern ergänze es, verdeutlicht Fischer, können damit doch Objekte in endloser Stückzahl immer genau gleich in Serie produziert werden. Ganz normale Fotos von zu druckenden Gegenständen können mit einem Computerprogramm in 3-D-Vorlagen umgewandelt, reale Vorbilder gleich entsprechend eingescannt oder Entwürfe mit CAD-Software, zum Beispiel „Grashopper“, kreiert werden. Programme wie „Cura“ helfen dann als Schnittstelle zwischen dem Computer und dem Drucker, die gewünschte Geometrie in Fahrbefehle umzuwandeln. Fischer betont, der Drucker sei nur ein Werkzeug, um das Produkt des kreativen Künstlergeists materiell Gestalt werden zu lassen.
Der Vorteil beim Tondrucken: Man braucht relativ wenig keramisches Vorwissen und vor allem wenig Übung mit dem Material, man ist daher wesentlich freier im Entwerfen, kann viel saubere Winkel, Ecken, Rundungen, Ornamente und komplexere Strukturen realisieren, als es auf der Drehscheibe oder beim Formen mit der bloßen Hand möglich wäre. Das Gerät kann auch Schnaupen und Henkel mitdrucken. Viele benutzen die Druckbahnen als gestalterisches Mittel. Diese Herangehensweise ans Töpfern sei ein „ganz neuer Skill“ für viele Studierende, so Fischer. Einige können halt besser analog mit Ton, andere besser mit Computerprogrammen arbeiten. Gedruckt wurde schon so etwas Graziles wie eine DNA-Doppelhelix. „Das Gerät ist aber auch nicht ganz pannenfrei“, sagt Fischer. Bei Fehlern würden meist nur Spaghetti ausgespuckt, also dünne Tonwürste, die nicht aneinanderkleben.
Der heute für 6.950 Dollar gelistete 3D-Potter-Bot 10 Pro des US-amerikanischen Unternehmens 3D Potter, Inc. wurde für die HfK bereits Anfang 2022 gekauft und konnte im September des Jahres zusammengebaut werden. Anzusteuern ist er Browser-basiert auch über das Smartphone. Skulpturen, Objekte und Hohlgefäße können bis zu 50 Zentimeter Höhe auf einer 38 mal 38 Zentimeter großen Platte gefertigt werden. Sieben Kilo frisch gekneteter Ton passen in die Kartusche, er muss etwas weicher, also nasser sein als das zum Drehen benutzte Material. „Es dürfen keine Luftblasen, Klumpen oder gar Steinchen im Ton sein, das kann einen ganzen Druckvorgang ruinieren. Der Ton muss eine homogene Konsistenz aufweisen“, erklärt Fischer. „Das überschüssige Material kann, nachdem es geschlagen wurde, wieder in die Kartusche. So lange der Ton noch nicht gebrannt ist, kann man ihn endlos wiederverwerten, es entsteht im Grunde wenig Abfall, im Gegensatz zum 3-D-Druck mit Kunststoffen.“
Verschiedene Düsengrößen liegen als Aufsätze parat. Nach der etwas aufwändigen Vorlagenerstellung, scheint die Bedienung der Maschine leicht: Einfach die Informationen laden, die dem Drucker sagen, in welchen Bewegungen er den Ton aus der Spitze herauspressen soll, dann noch ein paar Feinjustierungen und Testläufe, bis alles stimmt, vom Nullpunkt bis zur Druckgeschwindigkeit – und los. Ein leichtes Pfeifen und Rattern liegen über den höchst eleganten Bewegungen der Druckplatte. Ob gedreht, modelliert oder gedruckt – das Trocknen, Brennen und Glasieren erfolgt anschließend auf traditionelle Weise.
Jeder Studierende, jeder HfK-Kurs darf den Ton-/Keramik-Drucker nutzen. Einfach bei Ute Fischer melden, eine mehrstündige Einführung mitmachen und ab ans Werk. Kontakt: Ute Fischer, Raum 2.15.030, Durchwahl: -1280, E-Mail: u.fischer@hfk-bremen.de