Neuigkeit
Donnerstag | 18. April 2024

"Faszination Höhle"

HfK-Studierende nehmen sich dem Thema anlässlich der aktuellen Ausstellung im PMB-Museum an
Sihle Inensiko: Lustgrotte, 2024, Neonleuchten auf Holz
Sihle Inensiko: Lustgrotte, 2024, Neonleuchten auf Holz © Sihle Inensiko

Tropfsteinhöhlen sind Touristenmagnete, Kinder bauen spielerisch Höhlen, Architekt:innen orientieren sich für ihre Entwürfe und das Anlegen künstlicher Grotten an den natürlichen Steinformationen. Wie Künstler:innen sich mit dem Motiv der Höhle auseinandergesetzt haben, zeigt das Paula Modersohn-Becker Museum mit der Ausstellung „Faszination Höhle“ (bis 9. Juni 2024). Die Frage, was junge bildende Künstler:innen heute mit Höhlen verbinden, steht im Mittelpunkt eines Kooperationsprojekts der HfK Bremen und dem Museum. HfK-Studierende schufen neue Arbeiten und adaptierten bereits vorhandene Werkkonzepte für einen schwer bespielbaren Ort außerhalb der eigentlichen Museumsräume: das höhlenartige Vestibül, von dem aus eine Treppe nach oben ins Foyer des Museums führt. Dort empfangen nun Lithografien, Gemälde, Fotografien, Videoarbeiten und Installationen die Besucher:innen der Ausstellung und zeigen ein breites Spektrum von Assoziationsmöglichkeiten. Don Chauvin, Kai Balthasar Wittig, Sihle Inensiko, Mi-El Kwak und Bahareh Hejrankeshrad präsentieren derzeit ihre Interventionen.

Kai Balthasar Wittig: infra_social, 2024, 3-D-Druck | Video
Kai Balthasar Wittig: infra_social, 2024, 3-D-Druck | Video © Kai Balthasar Wittig

Der Künstler über sein Werk: „,Balance‘ interessiert mich universell und intensiv, insbesondere die Balance zwischen Natur, Mensch und künstlicher Intelligenz und Digitalität. Neben thematischer Umsetzung arbeite ich auch informell, diese Ausgewogenheit lässt mich künstlerisch frei atmen. Technologie entwickelt sich immer schneller und weiter, im Kontrast dazu befinden wir uns trotz dessen menschlich oft in sich schier endlos wiederholenden Schleifen. Möglichkeiten und Probleme und ihre verschiedenen Facetten in technologischen Entwicklungen interessieren mich gleichermaßen, positiv realistisch und lösungsorientiert, vor allem der Kontext und Bezug zur Natur und zum Zwischenmenschlichen und der Fokus auf und Sinn für das, was essenziell ist. Auch bei thematischen Werken ist mir die visuelle Autonomie wichtig, die möglichst ein Gefühl wecken soll und über den Titel und ggf. Text weitere Ebenen erschließen lässt.”

Kai Balthasar Wittig, Jahrgang 1987, studiert seit dem Sommersemester 2023 Freie Kunst bei Prof. Katrin von Maltzahn im Diplomstudiengang der HfK Bremen. 2021 absolvierte er im Bachelor bei Prof. Gabriele Basch an der HAW in Hamburg.

Bahareh Hejrankeshrad: Div (Dämon), 2024, Objekt, Statue
Bahareh Hejrankeshrad: Div (Dämon), 2024, Objekt, Statue © Bahareh Hejrankeshrad

Die Künstlerin über ihr Werk: „In der persischen Mythologie leben die Dämonen in der Dunkelheit der Höhlen. Die Menschen bewahren sie in schwebenden Glasgefäßen auf ... ebenfalls in der Dunkelheit.“

Bahareh Hejrankeshrad wurde 1992 im Iran geboren. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Malerei von der Universität Teheran (2016) und studiert derzeit Freie Kunst in der Klasse von Prof. Kati Barath an der HfK Bremen. 

Don Chauvin: Liminal Cave, 2023, Digital Druck
Don Chauvin: Liminal Cave, 2023, Digital Druck © Don Chauvin

Der Künstler über sein Werk, das sich dem Phänomen „Dream Core“ widmet. „Hier entstehen digitale Welten, die eine einzigartige Mischung aus Geborgenheit und Platzangst hervorrufen. Diese surrealen Räume laden dazu ein, sich in einem ambivalenten Gefühlsrausch zu verlieren, wo die Grenzen zwischen Realität und Traum zu verschwimmen scheinen.“

Don Chauvin wurde 1989 in Aachen geboren, studierte zuerst Kunst und Kunsttherapie an der HKS Ottersberg und ist seit 2022 Student der Klasse von Prof. Katrin von Maltzahn an der HfK Bremen.

Sihle Inensiko: Lustgrotte, 2024, Neonleuchten auf Holz
Sihle Inensiko: Lustgrotte, 2024, Neonleuchten auf Holz © Sihle Inensiko

Der Künstler über sein Werk: „Es gibt zwei Referenzen für die Schaffung dieses Werks. Die eine ist Georges Batailles "Band zwei der Verfluchten Aktie, in Erotik und Die Tränen des Eros". Darin geht es um die Höhlenmalereien von Lascaux, aber eine Zeichnung stach für Bataille besonders hervor. Es handelt sich um die Darstellung eines Mannes mit weit geöffnetem Mund, der auf dem Rücken liegt und eine offensichtliche Erektion hat; daneben steht ein Bison, der von einem Speer durchbohrt wurde und dessen Eingeweide heraushängen. Georges Bataille schreibt: ,Die Szene hat einen erotischen Charakter...‘, und so drehen sich viele seiner Argumente um Erotik, sexuelle Tabus und das Groteske in Bezug auf diese Höhlenzeichnungen.

Der zweite Verweis wird durch den Titel der Ausstellung ,Faszination Höhle‘ beeinflusst, insbesondere durch den Begriff Faszination, der den Akt des Betörens oder Verzauberns bedeutet. In diesem Fall handelt es sich bei den Khoi-San-Höhlen im südlichen Afrika um Wohnstätten der Vorfahren, die die Zivilisation und Geschichte der Khoisan einfangen und bewahren. In einem zeitgenössischen Kontext werden diese Räume jedoch durch ,touristische‘ Expeditionen in kulturelle Waren verwandelt. Sie werden zu exotischen Räumen, in denen man das Übernatürliche erlebt, mit dem ,Primitiven‘ in Berührung kommt und etwas jenseits der Norm erfährt. Die Höhlen verlieren ihre historische Bedeutung und werden zu Räumen des ,Vergnügens‘.“

Im Großen und Ganzen spiegeln sie eine Kultur wider, die von Konsumfantasien über das Unbekannte so besessen ist, dass die Grenzen zwischen Horror und Ekstase, Vergnügen und Schmerz, Gewalt und Zuneigung verschwimmen.

 

Sihle Inensiko wurde 1997 geboren in KwaZulu-Natal, Südafrika. Er ist ein multidisziplinärer Künstler, der sein Fine-Arts-Studium an der Durban University of Technology (2022) abgeschlossen hat und derzeit ein weiterführendes Studium an der HfK Bremen unter der Leitung von Prof. Kati Barath absolviert.

Mi-El Kwak: Agit Cave, 2024, Mischtechnik auf Leinwand
Mi-El Kwak: Agit Cave, 2024, Mischtechnik auf Leinwand © Mi-El Kwak

Die Künstlerin über sein Werk: „Meine Kunst ist ein lebendiges Kaleidoskop aus Farben und Formen, die meine Weltsicht widerspiegeln.

Ich betrachte Muster als visuelle Metaphern für meine persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen, die ich auf der Leinwand festhalte. Die Figuren auf meinen Leinwänden bewegen sich zwischen grotesker Fröhlichkeit und einem bunten Abgrund.

Für dieses Projekt ließ ich mich von meinen Kindheitserinnerungen inspirieren.

In meiner Kindheit, genau wie viele Kinder auch, habe ich mich gerne in Schränken versteckt oder meine eigenen geheimen Höhlen gebaut. Basierend auf diesen Erinnerungen, habe ich eine in die Tiefe gestaffelte Collage geschaffen. Dafür kombinierte ich verschiedene Stoffarten, die mich an die Bettwäsche und Kleider meiner Kindheit erinnerten. Darüber hinaus verwendete ich Malmittel, die Kindheitserinnerungen hervorrufen, wie z. B. Ölpastelle, um eine geheime Höhle zu zeichnen und zu malen, die ich ,Agit Cave‘ nannte.“

 

Mi-El Kwak wurde 1993 geboren in Seoul, Südkorea, lebt und arbeitet in Bremen. Seit 2020 studiert sie Freie Kunst an der HfK Bremen bei Prof. Heike Kati Barath. Im Juni 2023 schloss sie ihr Studium mit dem Diplom erfolgreich ab und setzt es nun als Meisterschülerin fort.