Auszeichnung
Montag | 4. Juli 2016

Frese-Design-Preis 2016 geht an Susan Buckow

Fachjury vergibt drei Preise
Gruppenfoto (von links): Jörg Riechardt, Susan Buckow, Charlett Wenig, Antonio Palacios und Alexander Pfeiffenberger vor dem Alten Rathaus Blumenthal. © Luisa Eugeni

Fachjury vergibt drei Preise für herausragende Abschlussarbeiten an Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Künste Bremen

Im Rahmen der Eröffnung der Jahresausstellung der Studiengänge Integriertes Design und Digitale Medien an der Hochschule für Künste Bremen wurden drei Abschlussarbeiten mit dem Frese-Design-Preis ausgezeichnet, gestiftet von der Petra und Dieter Frese Stiftung Bremen und dotiert mit insgesamt 10.000 Euro.

Der erste Platz, ausgewiesen mit 4.000 Euro, geht an Susan Buckow für ihre Arbeit „Komische Gegenwart. Sondierungen aus der Zukunft“. Den zweiten Platz, dotiert mit 3.250 Euro, belegt das Team aus Alexander Pfeiffenberger und Zora Hünermann mit der Arbeit „Talk Time“. Charlett Wenig wird für ihre Arbeit „The BoneProject“ mit dem dritten Preis in Höhe von 2.750 Euro ausgezeichnet.

Die Arbeit „Komische Gegenwart. Sondierungen aus der Zukunft.“ von Susan Buckow nimmt uns mit auf eine visuell beeindruckende Reise. Sie lässt uns unsere Gegenwart aus Sicht eines Zeitreisenden aus einer unbestimmten Zukunft betrachten wie eine seltsame Phantasiewelt. Die feinen, handwerklich zwischen Illustration, Scherenschnitt und Lasercut befindlichen Figuren machen in ihrer Filigranität und Ausarbeitung, aber auch in der gesamten Fülle große Freude beim Ansehen und Erkunden. Gleiches gilt dem in ähnlicher und vortrefflicher Weise gestalteten Buch, das die Rahmengeschichte erzählt. Zudem ermöglicht eine ergänzende Dokumentation, wie ein Reiseführer, unsere Erkundungen zu deuten und gibt dem Szenario den notwendigen und genau richtig dosierten inhaltlichen Überbau. Die einfache und direkte Präsentation überzeugt durch eine herausragende formal und inhaltlich kohärent geschaffene Bildwelt. Dazu wird die Sammlung an Figuren durch ihre räumliche Inszenierung und ihr Arrangement raumgreifend und einnehmend. Eine vollendete und außerordentlich gelungene Erkundungsreise!

Susan Buckows Arbeit „Komische Gegenwart. Sondierungen aus der Zukunft“ wird mit dem 1. Platz des Frese-Design-Preises in Höhe von 4.000 Euro ausgezeichnet. Susan Buckow ist Masterabsolventin des Studiengangs Integriertes Design im Studio Mensch und Gesellschaft – Mode. Ihre Abschlussarbeit wurde betreut von Prof. Ursula Zillig, Prof. Annette Geiger, Prof. Katrin von Maltzahn und Prof. Dorothea Mink.

Komische Gegenwart. Sondierungen aus der Zukunft. © Luisa Eugeni

Sobald man sich in der kindlich-spröden und ungehobelten Ästhetik des Animationsfilms „Talk Time“ von Zora Hünermann und Alexander Pfeiffenberger zurechtgefunden hat, beginnen die komplex ineinandergeschachtelten Ebenen offenbar zu werden, die diesen bemerkenswerten Film ausmachen. Die Arbeit zum Antiödipus entpuppt sich hinter der naiv wirkenden Oberfläche als durchdachte, unterhaltsame und smart inszenierte Analyse unserer Zeit, in der Antworten auf komplexe Probleme unserer Gesellschaft immer öfter nicht Lösung, sondern Knock-out bedeuten und Systeme obsolet werden. Die glatte Welt der heutigen Popkultur wird auf ironische Weise zitiert und distanziert betrachtet – gleichzeitig macht der ästhetische Kontrast deutlich, dass es keine Distanz gibt. Mit Humor und häufigen, überraschenden Wendungen wird uns Betrachtenden ein Spiegel vorgehalten und gleichzeitig der Hammer gereicht, mit dem wir diesen zerschlagen müssen. Am Ende explodiert die Welt, wir sitzen im Dunkeln und fühlen uns trotzdem irgendwie beschwingt und heiter.

Alexander Pfeiffenberger und Zora Hünermann, Absolventen des Bachelorstudiengangs Integriertes Design, erhalten für ihre Arbeit „Talk Time“ den zweiten Platz in Höhe von 3.250 Euro. Die Arbeit wurde betreut von Prof. Samuel Nyholm und Prof. Andrea Sick.

Talk Time © Luisa Eugeni

Die Arbeit „The BoneProject“ von Charlett Wenig ist eine herausragende interdisziplinäre Forschungsarbeit, die erfolgreich Theorie und Praxis vereint. Durch die gestalterische und intensive Auseinandersetzung mit der Verarbeitung von Tierknochen wurden neue Materialien experimentell entwickelt und zukünftige Anwendungsbereiche erforscht. Dass Design als Problemlösungsprozess eine tragende Rolle bei der interdisziplinären Gestaltung von Wissenspraktiken im Bereich der Naturwissenschaft spielt, hat die Arbeit außerordentlich erfolgreich auf den Punkt gebracht. Vor allem begeisterte der bodenständige, stetige und neugierige Forschungsgeist der Arbeit.

Charlett Wenig erhielt für „The BoneProject“ den dritten Platz, dotiert mit 2.750 Euro. Sie studierte im Masterstudiengang Integriertes Design im Studio System und Struktur. Ihre Arbeit wurde betreut von Prof. Detlef Rahe, Prof. Julia Lohmann (HFBK) und Prof. Annette Geiger.

Belobigungen, jeweils in Höhe von 500 Euro, wurden für die Arbeiten von Antonio Palacios („Earworm Decimators“, betreut von Prof. Dennis Paul und Petra Klusmeyer), Jörg Riechardt („The ABC of relation“, betreut von Prof. Tania Prill und Prof. Samuel Nyholm) und Jonas Otto („Natural Language Processing“, betreut von Prof. Andrea Sick und Prof. Dennis Paul) ausgesprochen.

The BoneProject © Luisa Eugeni

Die Arbeit "Earworm Decimators" von Antonio Palacios ist eine Kombination aus drei Objekten und drei dazugehörigen Audio-Tracks, die der Bekämpfung von Ohrwürmern, „Klangviren“ dienen. Neben diesem geschaffenen Szenario selbst, besticht die Arbeit durch ihre gekonnte Umsetzung, der Verbindung von Objekt und Klang. Während die prototypischen Objekte in ihrer Form beinahe totemhaft und in ihrer räumlichen Inszenierung bedrohlich wirken, strahlen sie in ihrer Materialität und Beschaffenheit eine Mischung zwischen Klangkörper und medizinischem Gerät aus. Die durchdringenden, von Palacios komponierten Audio-Tracks unterstützen die Wirkung und Atmosphäre auf außerordentlich eindrückliche Weise.

Antonio Palacios ist Masterabsolvent des Studiengangs Digitale Medien.

Die Arbeit "The ABC of relation" von Jörg Riechardt stellt eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit einer starken emotionalen Erfahrung dar. Im Zentrum der Bearbeitung in Form eines Buches mit ansprechenden Illustrationen und Texten steht das Erlebnis der Entzweiung von Menschen, die sich sehr nahe standen. Die Gefühlswelt, die damit einhergeht, wird auf eindrückliche Weise dargestellt. Die Arbeit besticht durch die Intensität der Zeichnungen, die ihre Kraft in der Schlichtheit der Darstellung und Präsentation finden. Jede Zeichnung, jede Seite transportiert Verzweiflung, Ratlosigkeit und Wut und bringt uns zurück zu persönlichen, allzu menschlichen Erfahrungen des Herzenbrechens. Zum Ende des Buches führt – wie eine Erlösung – ein Songtext von ABBA, der neben anderen Texten und Bildsequenzen der Arbeit, einerseits eine Distanz, aber auch eine größere Anteilnahme am Erlebten ermöglicht.

Jörg Riechardt studierte Integriertes Design (Bachelor).

Was haben Markov-Ketten, Fraktale, Iteration und Goethe's Faust miteinander zu tun? Eine Maschine die Bücher generiert – ein kleiner Drucker, der unaufhörlich Dialoge von Faust druckt.
In der Arbeit „Natural Language Processing – Data mining am Beispiel Faust I“ von Jonas Otto wird der Text von Faust I mithilfe von Techniken der Computerlinguistik analysiert, generativ umgeformt und ausgegeben.

So hermetisch die Installation von Jonas Otto auf den ersten Blick wirkt, umso mehr regt sie zur Auseinandersetzung mit den philosophischen Hintergründen, Begriffen und Fragestellungen des Themas an. Mit jedem neu gedruckten Fragment wird eine weitere Bedeutung erschaffen, die sich jedoch mit jeder Wiederholung verändert, sodass durch die Reproduktion niemals dieselbe Bedeutung entsteht. Einige der auf diese Weise erstellten Texte wurden in Form einer Bücherserie manifestiert und so im Prozess der ständigen Reproduktion festgehalten. Das Werk "Faust" wird in der physischen Welt immer wieder neu erschaffen und steht so eindrücklich als Metapher für die Suche nach Bedeutung von Faust selbst in der wissenschaftlichen Welt, sowie von uns als betrachtende Personen.

Ermöglicht wird der Frese-Design-Preis 2016 bereits zum dritten Mal dank der großzügigen Unterstützung der Petra und Dieter Frese Stiftung Bremen.

David Bennewith, Grafik- und Kommunikationsdesigner, Colophon, Amsterdam.
Jasna Dimitrovska, Designerin für digitale Objekte und Interaktion, Berlin.
Marion Fröhlich, SAP Innovation Center Potsdam, User Experience Team Lead, Berlin/Potsdam.
Arnold Gevers, Modedesigner, Professur/Dekan Mediadesign Hochschule, München.
Marlene Kettner, Interaktionsdesignerin, Berlin.

Carolin Pertsch erhielt für ihre Arbeit "Seegras - Materialexperimente mit einem scheinbar überflüssigen Material" einen Sonderpreis der Stiftung in Höhe von 2.000 Euro.