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Dienstag | 16. April 2024

„Hospitieren ist unbedingt zu empfehlen vorm Studium“

Gespräch mit Studentin Luna Burkert über die Bewerbung fürs Studium der Elementaren Musikpädagogik
Luna Burkert
Luna Burkert © Silas Isenmann

Name: Luna Burkert

Jahrgang: 1998

Geburtsort: Sinsheim

Lieblingsort in Bremen: Im Bürgerpark beim Esel-Gehege

Lieblingsmusik: Funk, Soul und alles was groovt

Lieblingsgetränk: Augustiner und Bayreuther Hell

Lieblingssport: Yoga

Semester: 2. Master-Semester

 

Du studierst Elementare Musikpädagogik (EMP), bist du Musiktherapeutin?

Nein, Musikerin und Pädagogin.

Wie bekommt man das unter den Hut einer Persönlichkeit?

Es ist schon schwierig eine Balance zu finden, ich habe natürlich auch das Ego in mir, das die tolle Künstlerin sein und sich als solche präsentieren möchte. Das kommt derzeit zu kurz. Aber eigentlich lässt sich das auch im Berufsleben gut vereinbaren, in der Woche unterrichtet man und am Wochenende spielt man Konzerte, das wäre für mich vielleicht das Ideal, auch wenn Achtung geboten ist, dass das nicht auf ein Burn-out hinausläuft. Mal schauen ... 

EMP hat ja nicht zur Aufgabe, Schlagerfans oder Liebhabern von Charts-Pop die Komplexität klassischer Musik näherzubringen und Konzertvermittlung zu betreiben, sondern will ja Menschen anregen und anleiten, mit ihren individuellen Fertigkeiten die Vielfalt des künstlerischen Ausdrucks in der Musik, Sprache und Bewegung zu nutzen. Wie sieht sowas konkret aus?

Wir ermutigen Menschen dazu, selbst Musik schaffen zu können. Dass sie erkennen: Wenn ich das will, kann ich das. Egal welches Alter, welche Vorerfahrungen man hat. Jeder hat so viele Potenziale, die nur entdeckt werden müssen und ausgebildet werden können. Wir nutze dazu beispielsweise die vielen Instrumente in unserem EMP-Übungsraum an der HfK und viele weitere Klangobjekte, arbeiten mit Bodyperkussion, der Stimme, Tanz – praktizieren also ganzheitliches Musizieren. Und bringen damit Menschen in einer fähigkeitsgemischten Gruppe zusammen. Das ist mir wichtig, ich möchte mit dem, was ich tue, auch einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen. 

Kannst du das an einem Beispiel erläutern?

Ich bin großer AC/DC-Fan und habe mit Senioren einen der Hits einstudiert ... 

… „Hells Bells“, „Highway to Hell”, „Whole Lotta Rosie” …

„Thunderstruck”! Wie das Lied aufgebaut ist, schaute ich mir an und schrieb alle Formteile raus. Für den Anfang mit diesem Chor, dafür haben wir stimmbildnerische Übungen gemacht, damit die Artikulation dann richtig aus dem Bauch heraus kommt. Auch waren alle aufgefordert, ein Kissen, eine Klopapierrolle und zwei Kochlöffel bereitzulegen, daraus baute jede:r sein Schlagzeug, wir übten verschiedene rhythmische Pattern ein und beim eingespielten Original-Gitarrensolo agierten alle als Luftgitarrist:innen. Die Senioren standen teilweise auf Stühlen und gingen voll ab. Headbanging! 

Und gehörte auch die Schuluniform-Verkleidung von AC/DC-Gitarrist Angus Young dazu?

Dafür war leider keine Zeit mehr, aber für ein Abba-Projekt hatte ich mal 1970er-/1980er-Jahre Glitzer-Outfits besorgt. 

Du kommst mit diesen wilden Ideen aus dem gemütlich kleinen Würzburg.

Ja, dort habe ab ich 2017 bis 2023 zwei Bachelor-Studiengänge parallel absolviert, EMP und Querflöte studiert sowie nebenher in der Musikschule gearbeitet. Auch mal im Symphonieorchester oder bei Weihnachtskonzerten in Kirchen als Aushilfe gespielt, hier mal ein Chorprojekt, dort eine Bläserklasse geleitet.

Aber von Kindesbeinen an bist du Flötistin?

Ich habe mit fünf Jahren angefangen, Querflöte zu spielen ...

... freiwillig?

Ja, voll freiwillig! Obwohl ich anfangs viel zu klein dafür war. Jetzt als Flötenlehrerin sage ich immer, ein gutes Einstiegsalter wäre mit acht, neun Jahren. 

Kannst du noch deine anfängliche Faszination für die Querflöte nachvollziehen, war es ihr relativ hoher, weicher Klang, ihr spezielles Aussehen, die Art des atmenden Spielens, die dich reizten, mit diesem Instrument etwas von deinem Inneren nach außen kehren zu wollen. 

Die Nachbarstochter war etwas älter als ich und mein Vorbild damals, die hat Querflöte gespielt, das fand ich toll. Das wollte ich auch. 

Und zum Ausgleich hast du E-Gitarre oder Schlagzeug kennengelernt?

Das bereue ich ein bisschen, nur noch Saxofon mal vier Jahre lang richtig gelernt zu haben. Ich bin so ein Musikvereinskind, war Mitglied in der Stadtkapelle, habe auch in der Abi-Band gesungen, hatte etwas Gesangsunterricht in der Schulzeit. Bin aber nicht in einer musikalischen Familie aufgewachsen. Mit dem Klavierspielen fing ich erst kurz vor der Aufnahmeprüfung in Würzburg an. Ukulele und Gitarre brachte ich mir autodidaktisch mehr schlecht als recht bei.

Die Grundlagen hast du aus der Musikschule?

Ich war in der musikalischen Früherziehung, dann anderthalb Jahre im Blockflöten-, dann im Querflötenunterricht. 

In der Kindheit und Jugend kommen einem ja häufig andere Interessen dazwischen, du hast aber kontinuierlich weitergemacht?

Mir ist das Spielen von Anfang an recht leichtgefallen, das kam mir sehr entgegen, da ich zu viele Prioritäten hatte, nie acht Stunden am Tag geübt habe. Meine Eltern sagten aber immer, wir zahlen den Unterricht, entweder du übst oder du musst aufhören. Da ich das nicht wollte, ging es immer weiter. 

War es mal ein Thema für dich, dass Flötespielen als Frau das Vorurteil vom Mädcheninstrument nährt? 

Ja klar, gerade auch weil ich mit 1.53 Meter recht klein bin, da hörte ich immer wieder, ach, guck mal, da kommt die Flötenmaus. Ich hätte auch Tuba lernen können oder Bass, das wäre vielleicht cooler gewesen. Erstaunlich nur, wenn man heute in die Klassikwelt guckt, gibt es dort sehr, sehr viele berühmte Flötisten und auch die Orchesterplätze für Flöten sind oft männlich besetzt.

Du hast dich gegen eine Orchester- und Solistinkarriere entschieden?

Ja, das wäre ein großes Ellenbogenboxen geworden. Aber nach dem Abi hatte ich schon gedacht, Musik kann ich ganz gut, was anders eher nicht so, also versuche ich es erstmal als Flötistin. Aufnahmeprüfungen machte ich an den Musikhochschulen in Karlsruhe, Freiburg und Mannheim ...

... und bist dreimal gescheitert?

Das war aber in Ordnung, ich wollte ja mal sehen, wie sind die Ansprüche für das künstlerisch orientierte Studium, und habe gelernt, die sind hoch, das dauert also wohl ein bisschen, bis man reinkommt. Gleichzeitig hat mir meine Mutter einen Flyer zur EMP gegeben, von der ich bis dahin noch nie gehört hatte. Da stand was von der Arbeit mit heterogenen Gruppen und Kindern, klang für mich erstmal nicht wie eine Alternative.

Woher kam dann die Begeisterung?

Ich schaute mir das EMP-Studium dann an bei einem Hochschulinfotag und stellte fest, das ist genau meins, meine Berufung. Und dafür gibt es eine andere Art der Aufnahmeprüfung als für Flöte, man spielt trotzdem vor, das Instrument spielt eine wichtige Rolle, aber das Hauptfach ist ein anderes, eben Pädagogik. In Mannheim, Stuttgart, Würzburg und Nürnberg absolvierte ich in EMP die Aufnahmeprüfungen und bekam überall einen Platz angeboten – und entschied mich dann mit Flöte als Beifach für Würzburg. Dort hat es mit ein bisschen Geduld dann zwei Jahre später auch mit der Aufnahmeprüfung für Flöte im Hauptstudium geklappt. Aber mein Fokus liegt weiter auf der pädagogischen Karriere. 

An was denkst du da?

Die inklusive Musikpädagogik, also das Musizieren von Menschen mit und ohne Behinderung liegt mir sehr am Herzen. Ich glaube, wir Musiker:innen haben damit eine große Chance, gesellschaftlich etwas voranzutreiben. 

Inklusion ist an der HfK Bremen aber eher nicht der EMP-Schwerpunkt.

Aber das kann sich ändern, dass das in die pädagogische Ausbildung stärker integriert wird. In Würzburg wird ab kommenden Wintersemester ein Master in Inklusion angeboten. 

Hast du Erfahrung in dieser Arbeit?

Eine Freundin arbeitet an der inklusiven Musikschule in Fürth, da habe ich ein Fachtagung besucht, die Arbeit kennengelernt und erstmals eine inklusive Band gesehen. Das war so geil, was da passierte, dass ich über mich selbst erschrocken war, dass ich noch nie darüber nachgedacht hatte, ob sowas möglich wäre. Ich habe dann weitere solcher Veranstaltungen besucht, einen zweijährigen Lehrgang dazu belegt und war drei Jahre selbst in der Praxis des inklusiven Musizierens. 

Gehst es da eher um Kunst oder Sozialarbeit – um das öffentliche Auftreten oder darum, in der Gruppe etwas zu entwickeln?

Beides. Es kann wichtig sein, dass ein Ergebnis entsteht, das man auch hören will. Es geht aber auch um die gemeinsame Erfahrung, miteinander ein Stück einzuüben.

Kommst du musikalisch aus der Alten Musik oder der Klassik?

Eher der Klassik. Allerdings habe ich vorm Studium auch viel Barockmusik gespielt – Telemann, Bach, Vivaldi - sowie typische Romantik, Fauré, Ibert, auch Mozart. Das Standardrepertoire. 

Alte Musik war nur ein Umweg?

Das Barockspiel fällt mir schwerer, weil ich die Stilistik nicht so gut beherrsche, etwa bei Solofantasien von Telemann gibt es so eine Polyphonie, die die Solistin allein erfüllen muss, mit Vibrato phrasieren und voller Energie so gestalten, dass die Zweistimmigkeit und Harmonieänderungen transparent sind. Bei Romantik und Klassik kann ich mich eher einfach so reinlegen in den Flötensound. Zum klassischen Repertoire kam bei mir dann noch der große Spaß mit Neuer Musik, wo ich in Über- und Untertreibungen reingehen kann, mich reizen dabei die neuen Spieltechniken, um Sounds aus der Flöte zu locken, die man gar nicht damit assoziieren würde. 

Also Lust auf mehr Freiheit?

Ich bin auch schon früh in den Jazz reingerutscht. Habe in Würzburg im Wahlbereich viele Jazzkurse besucht, bin dann ins Landesjugendjazzorchester Bayern gegangen als Flötistin, die es dort zuvor nicht gab, denn Saxofonist:innen spielen sonst ja auch Querflöte. Wir haben auf Festivals und in Clubs gespielt.

Bekommst du bei den Jazzern auch Soli als Flötistin?

Anfangs war ich sehr zurückhaltend, da ich ja nicht Jazz studiere und nicht sicher im Improvisieren bin, hatte dann aber in unserem Programm bei „Twenty one“ von Jay Ashby meine Solostelle, die ich nutzen konnte, wie ich wollte. Deswegen möchte ich mich auch jetzt mal trauen, bei den Dienstag-Sessions der Jazz-Studierenden im Musikkeller mitzuspielen ...

... also einfach mal mit der Querflöte beim Jammen einsteigen.

Genau!

Warum hast du Würzburg nach dem Bachelor-Abschluss verlassen?

Den EMP-Master, den die HfK anbietet, gibt es dort nicht. Allerdings auch in anderen Städten. Ich habe mir das Studium beispielsweise in Freiburg, Rostock, Berlin und Leipzig angeschaut.

Einfach mal vorbeigeschaut?

Auch offiziell hospitiert im Unterricht und mit der Flöte vorgespielt, um ein Feedback zu bekommen, ob mein Können zur Aufnahme reichen würde. In Bremen war ich auch zum Hospitieren und mir wurde klar, dass die Kursangebote und der Modulplan hier am besten zu mir passen.

Hospitieren, ist das üblich?

Ja. Und auch unbedingt zu empfehlen beim Bachelor und beim Master, um erstmal anzutesten, weil es ja ein sehr persönliches Studium ist, wie so die Stimmung an den Hochschulen ist und wo man sich wohlfühlen könnte. 

Wie geht das mit dem Hospitieren?

Man schreibt eine E-Mail an die Hauptfachprofessor:innen und erklärt, das bin ich, das ist meine Motivation und deswegen würde ich mich gern bei ihnen bewerben, darf ich bitte mal vorbeikommen zum Hospitieren. Ich habe da immer gute Erfahrungen gemacht, schnell Rückmeldung bekommen und Termine ausgemacht. Fürs Instrumentalstudium ist es auch üblich, dass man 20, 30 Minuten im Unterricht zuschaut und dann selbst probeweise vorspielt. Das ist auch hilfreich, um später bessere Chancen auf einen Platz zu haben, da die Professor:innen sagen können, das und das musst du besser machen, um bei mir zu studieren.

Ist Hospitieren kostenlos?

Nicht immer. Manchmal ist das sehr teuer, weil es heißt, das sei ja wie Privatunterricht. Da zahlt man für eine Dreiviertelstunde schonmal 150 Euro, die der Lehrenden bar auf die nimmt. Als ich das von einer Hochschule hörte, habe ich gesagt, dann komme ich nur zum Zuschauen, 150 Euro kann ich mir nicht leisten. In Bremen hat das Vorspielen nichts gekostet.

Und wie lief das Hospitieren?

An der HfK wurde ich in einen Gruppenunterricht eingeladen, die Teilnehmenden erklärten, was sie gerade machen, dann war ich sofort involviert, konnte mitmachen, zwei Tage lang. Fühlte mich sehr wohl und akzeptiert.

Was hat den Ausschlag fürs Studium in Bremen gegeben?

Zum einen gab es kaum die Möglichkeit, EMP mit dem Hauptinstrument Querflöte zu studieren. Da ich ja mal in die Hochschullehre gehen möchte, war es mir wichtig, dass ich im Master noch wirklich was dazulerne nach vier Jahren EMP-Bachelor. Und hier in Bremen kommen für mich völlig neue Inhalte hinzu, gerade viele wissenschaftliche Sachen der Musikpädagogik, mit denen ich in dieser Strenge und Genauigkeit im sehr praxisorientierten Bachelor in Würzburg nicht so viel zu tun hatte. An der HfK liegt der Schwerpunkt eben auf Hochschuldidaktik, es ist halt ein Master für Higher Education. 

Nachdem du alles erkundet, auch hospitiert und vorgespielt hast, ist dann die Aufnahmeprüfung leichter?

Das Vorspielen: ja. Da ich die Orte und Leute schon kannte, war ich viel weniger nervös. 

Wie läuft die Bewerbung?

Man muss sich auf der HfK-Website durchwühlen bis zur Liste, wo steht, was alles erstmal einzureichen ist: Lebenslauf und Urkunden, die man so gekriegt hat bisher, Nachweise über Stipendien und Teilnahme an Wettbewerben, Abizeugnis – und jetzt zum Master auch noch das Transcript-of-records-Zeugs vom Bachelor. Mein Tipp: Nicht zu lang schreiben, das liest sonst keine:r.

Also du bewirbst dich – und dann?

Dann wirst du zu den Aufnahmeprüfungen eingeladen. Ich hatte am Montag, 8 Uhr, das Vorspielen mit der Querflöte, schon in der Nacht zuvor musste ich mich da einspielen bei den Leuten, bei denen ich geschlafen hatte. Die wissenschaftliche Prüfung war auch am Montag, Donnerstag dann die EMP-Prüfung.

Was ist beim Vorspielen verlangt?

Vorzubereiten war ein 45-minütiges Konzertprogramm. Drei, vier Stücke unterschiedlicher Stilistik muss man mitbringen, ich hatte zwei Sätze von Bachs E-Moll Sonate einstudiert, Taktakischvilis Sonate für Flöte und Klavier, ein Mozart-Konzert und eine Holliger-Sonate für Soloflöte. Eine Klavierbegleitung war da, ich durfte in insgesamt sieben Minuten die Stücke anspielen, da wird dann immer schnell abgebrochen. Fünfköpfig war die Jury, die anschließend noch 40 weitere Studienbewerber:innen an der Flöte anhörte.

Gab es eine Rückmeldung?

„Danke, das reicht uns“, hieß es. Und dann geht man. 

Wie lief die wissenschaftliche Prüfung?

Wir saßen da zu fünft so eine Stunde bei zwei Professor:innen, die haben uns einen Text gegeben und wir sollten damit arbeiten, also ihn gliedern, Zwischenüberschriften ausdenken, Passagen notieren, die uns komisch vorkommen oder positiv ins Auge stechen, aber auch überlegen, ob wir schon Literatur kennen, die wir damit vergleichen können. Das Thema war: musikalische Begabung. Nach der Lektüre saßen wir zusammen wie in einem Seminar und diskutierten über den Text. Das war alles voll entspannt. Auch unter uns Bewerber:innen keine Gegen-, sondern ein Miteinander.

Und dann?

Dann musste ich gleich nach Rostock fahren, weil ich dort Aufnahmeprüfung hatte, war aber rechtzeitig zu EMP-Gruppenprüfung zurück. EMP-Dozent:innen haben dafür mit uns jeweils so 20 bis 30 Minuten eine Einheit Bewegungsgestaltung, Gesang, Musizieren etc. gemacht, anschließend mussten wir Studienbewerber:innen die Gruppe so 20 Minuten lang anleiten, das hatte jede:r vorbereitet. 

Was hattest du dir ausgedacht?

Ich hatte ein Seefahrtslied in E-Moll komponiert und in der Tonart mit vielen Instrumenten was gespielt, dass so eine Meeratmosphäre entsteht. Dann animierte ich die anderen Bewerber:innen, auf Xylophonen, Metallophon mit E-Moll-Pentatonik dazu zu improvisieren, Bordun-Klänge zu addieren usw. – eben EMP-Methodik, also nicht: Hier ist ein Blatt mit Noten, spielt genau die, sondern eben mit nonverbalen Anleitungen. Außerdem musste ich noch eine fünfminütige Solo-Performance vorbereiten.

Tanz mit der Flöte?

Alle Möglichkeiten waren ja offen. Ich nahm als Inspiration mein Lieblingscafé in Würzburg, wo ich quasi gewohnt habe und wusste, das werde ich in Bremen sehr vermissen. Zuhause nahm ich mit Ipad und Mikrofon meine Stimme auf, schichtete sie vielfach übereinander zu Chormusik und überlegte mir dazu, wie man Kaffeeherstellung über eine Siebträgermaschine bewegungsgestalterisch umsetzen kann ...

... auf das Thema muss man erstmal kommen!

Ja, Schamgefühl passt bei der Themenfindung und Umsetzung nicht hinein. Ich habe das dann jedenfalls getanzt, dazu die Chormusik gespielt, dazu mit meiner Flöte improvisiert und noch ein selbst geschriebenes Gedicht rezitiert, untermalt von Klängen, die entstehen, wenn eine Kaffeetasse über eine Untertasse gleitet. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und die vier Zuschauenden haben an den richtigen Stellen gelacht.  

Du hast ja diverse Bewerbungsriten absolviert, ist Bremen da besonders?

Nee, das ist schon überall irgendwie ähnlich. Nur diese Gruppenanleitung und Soloperformance, das war nur an der HfK gefordert. Ach nein, in Leipzig musste ich solo auch was vortragen – ein Volkslied singen.

War die Bewerbung für den Bachelor anders?

Sie ist digitaler geworden. 2017 habe ich noch Stapel von dicken Briefumschlägen mit den Unterlagen kurz vor Fristende zur Post geschleppt, heute gibt es überall die Online-Portale zur Anleitung und Mails zum Schicken, damit man sich nicht mehr auf die Post verlassen muss. 

Was für einen Eindruck hattest du von der HfK, bevor du dich hier beworben hast?

Ich kannte die HfK vor meiner Bewerbung überhaupt nicht, habe erst beim Recherchieren auf der Website des Arbeitskreises EMP erfahren, dass es in Bremen eine Musikhochschule gibt. Wenn man sich dann so umhört, ist zu erfahren, Alte Musik sei in Bremen super, aber das ist ja nichts für mich. Dann aber sah ich, dass Barbara Stiller EMP-Professorin in Bremen ist, ein großer Name in der EMP-Szene. Das hat mich natürlich gleich für Bremen eingenommen. Auch Severin Krieger habe ich als ehemaligen Dozenten der HfK entdeckt, der ist ja auch recht bekannt – und da dachte ich, wenn die beiden hier sind bzw. waren, dann wird das an der HfK auch cool sein. 

Was waren deine ersten Eindrücke?

Ich war schon zufrieden: Es gibt eine Mensa mit veganen Essen, das kannte ich aus Würzburg gar nicht, da gibt’s nur Essensautomaten. Und ich entdeckte die Möglichkeiten, dass die HfK eben auch eine Hochschule für Kunst und Design ist und es schon tolle verbindende Projekte gab. Auch war ich sofort sehr positiv überrascht, wie viele Studierende hier engagiert sind in Fachbereichsräten, Arbeitskreisen und dem Asta, das habe ich so auch noch nie erlebt gehabt. 

Spielte die Stadt eine Rolle bei deiner Wahl?

Nee. Stadtmäßig wäre ich lieber nach Leipzig gegangen, aber ich fühl mich jetzt recht wohl hier. Obwohl: Mein erster Einkauf in Bremen war ein Regenschirm, da ich erkennen musste, wenn es hier nieselt, dann nieselt es nicht nur eben mal, sondern regnet richtig ausdauernd. 

Vielen Dank für das Gespräch!