Ästhetik hat zwar stets eine inhaltliche Ebene, - wie aber kann man sie entschlüsseln, einordnen oder bewerten? Einen Vorschlag hat der Kulturtheoretiker Dick Hebdige (*1951) in seinem Buch The Meaning of Style (1971) in Bezug auf Punk-Kultur gemacht.
Die Wirkung von Punk ist umfassend: Punk ist Alltagsverständnis, Jugendkultur, Musikrichtung und schließlich auch Kunstsegment.
Punk bezieht sich notwendigerweise auf Elemente einer etablierten Kultur, ordnet sie neu und schafft dadurch neue Bedeutungsebenen. Es entstehen neue Produktionsökonomien, aber auch Identitäten - beispielsweise geschlechtliche Identitäten.
Seit den späten 70er Jahren entstehen in einem Raum zwischen Punk und Kunst neue geschlechtliche Identitäten, - Künstlerinnen wie Linder Sterling, Martha Rosler oder Cindy Sherman filmten selbst und machten die weiblichen Rollenbilder und -zwänge zum Thema. Das Umfeld von Punk war für diese Entwicklung brauchbar, da hier Künstlichkeit, und eine starke Selbstbehauptung bis hin zu Aggressivität von Bedeutung war. Die Westberliner Punkgruppe Die Tödliche Doris wäre mit ihrem kollektiven und Geschlechterrollen überschreitenden Konzept von Identität hier exemplarisch zu nennen. Zentral war für dieserlei Ermächtigungsstrategien auch die plötzliche Verfügbarkeit der technischen Mittel. Der einfluß der hier entwickelten Ästhetik lässt sich über die 90er Jahre und die Jahrhundertwende hinaus in den (Musik)Videos von Pipilotti Rist oder Björk, aber auch bei aktuellen Künstlerinnen wie der Burschenschaft Hysteria, Sophia Süßmilch oder Signed Pierce beobachten.
Im Seminar werden Texte zur Produktion subversiver Ästhetik besprochen und exemplarisch einige wichtige Positionen feministischer Videokunst vorgestellt, die aus dem Punk kommen.