Norddeutsche Orgellandschaft weltweit einmalig / HfK und Prof. Hans Davidsson wollen weltweit einmaligen Schatz in internationalem Orgelzentrum erforschen und entwickeln.
Jeder sucht sie in der globalisierten Welt, jeder wünscht sich Unverwechselbarkeit, Einmaligkeit, Exzellenz, herausragende kulturelle Leuchttürme. Bremen und seine Nachbarn in der Region verfügen über einen solchen einmaligen Schatz: Weltweit ist der Reichtum der norddeutschen Orgellandschaft einzigartig. Nirgendwo sonst gibt es eine solche Dichte und Qualität bei der Königin der Instrumente aller Epochen von der Gotik bis zur Moderne.
Berühmtester Orgelbauer dieser Region ist Arp Schnitger (1648-1719), der als wichtigster europäischer Orgelbauer seiner Zeit gilt. Durch Schnitgers Werk erreichte die barocke Orgelbaukunst ihren Höhepunkt und ihre Vollendung, vergleichbar mit Johann Sebastian Bachs Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Musik und Komposition. Schnitger baute und rekonstruierte während seines Lebens ungefähr 170 Orgeln, leitete Werkstätten in drei Orten, Bremen, Groningen, und Hamburg, und erreichte durch Privilegien eine Monopolstellung, die es ihm ermöglichte, seine Instrumente weiter zu verbreiten, als je ein Orgelbauer es vor ihm geschafft hatte. Ungefähr 30 seiner Orgeln sind heute noch erhalten in verschiedenen Dörfern und Kleinstädten in Deutschland, den Niederlanden, Portugal und Brasilien, wobei leider keine größere Stadtorgel vollständig erhalten geblieben ist.
Gemeinsam mit renommierten und kompetenten Partnern in der Region wie auch international will die HfK nachhaltige Initiativen zu Erhalt, Pflege, Weiterentwicklung sowie zur wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Erforschung dieses kulturellen Schatzes der Region entfalten und damit auch zum verdienten Platz im Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit verhelfen.
Ziele dieser Initiative, mit der Bremen als internationales Orgelzentrum entwickelt werden soll, sind u.a.
Erforschung und wissenschaftliche Dokumentation der norddeutschen Orgellandschaft
Veranstaltung hochkarätiger Orgelkonzerte in Bremen und der Region
Erforschung und Rekonstruktion von historischen Techniken des Orgelbaus
Forschungen zum Meister des Orgelbaus „Arp Schnitger“
Stärkung der Exzellenz der künstlerischen Ausbildung
Ausrichtung eines internationalen Orgelwettbewerbs
Mit der Berufung von Prof. Dr. Hans Davidsson ist es gelungen, einen international angesehenen Orgelvirtuosen und –forscher für Bremen und die Hochschule für Künste zu gewinnen. Hans Davidsson hat sich bereits in Göteborg (Schweden) und Rochester (USA) einen herausragenden Ruf als Künstler und Wissenschaftler erworben und große Orgelforschungs- und Rekonstruktionsprojekte koordiniert. Von 1995-2000 war er Direktor des Göteborg Organ Art Center und ist immer noch künstlerischer Direktor dieses Instituts wie auch künstlerischer Direktor der Göteborg International Organ Academy. Im Jahre 2001 wurde er als Orgelprofessor an die Eastman School of Music in Rochester, New York berufen und wurde gleichzeitig Direktor des Orgelprojekts Eastman Rochester Organ Initiative.
Mit Hans Davidsson als neuem HfK-Professor besteht nunmehr die hervorragende Chance, auch für die norddeutsche Orgellandschaft wichtige Impulse zu setzen. Mit der Hochschule für Künste und weiteren Partnern in Bremen und der Region sollen deshalb folgende Projekte auf den Weg gebracht werden:
1. Gründung des „Norddeutschen Orgelzentrums Bremen“ sowie des „Instituts für Orgel und Orgelbau an der HfK Bremen“
Projektidee: Zehnjähriges Forschungsprojekt mit interdisziplinären Studien zwischen Norddeutscher Barockbaukunst, Musik- und Kulturwissenschaften, Materialforschung.
- Archivforschung
Der deutsche Gelehrte und Pionier der Orgelforschung, Gustav Fock, erforschte die Geschichte, Ausführung und Gestaltung sämtlicher Schnitger-Orgeln. Das Fock-Archiv soll systematisch studiert, aufgearbeitet und digitalisiert werden. Davon ausgehend sind ergänzende Archivforschungen (Landes-, Stadt- oder Kirchenarchive) vorgesehen.
- Technische Dokumentation
Eine Auswahl repräsentativer und am besten erhaltener Schnitger-Orgeln wird vollständig dokumentiert. Zu den erforderlichen Arbeiten gehören Messungen von Statik, dynamischen Eigenschaften, Klang und Akustik. Die Dokumentation wird als Datenbank eingerichtet und in Form von Dokumentationsberichten veröffentlicht.
- Zwei Orgelrekonstruktionsprojekte
Unter Verwendung des von GOArt in Schweden entwickelten interdisziplinären Ansatzes sowie in Zusammenarbeit mit GOArt und Orgelbauern aus Norddeutschland werden zwei Schnitger-Orgeln von 1698 nachgebaut als Studien zur Rekonstruktion des Herstellungsprozesses und als Modell für zukünftige Restaurierungen und Konservierungen (Denkmalpflege). Der Prozess würde die Einrichtung einer Forschungswerkstatt einschließen, bei dem Metallguss und Pfeifenbau nach Schnitger’scher Tradition ausgeführt werden können.
2. Orgelsonderkonzerte der Hochschule für Künste Bremen
Die Orgeldozenten der HfK stellen sich mit ihren besonderen künstlerischen Schwerpunkten auf den herausragenden Orgeln Bremens vor.
3. Turmorgel
Zur Verbesserung der Übe- und Unterrichtssituation an der HfK wird Ende des Jahres 2009 am Standort des Fachbereichs Musik in der Dechanatstraße eine neue Orgel eingeweiht. Sie wird als „Turmorgel“ in der ehemaligen Sternwarte erbaut und ist quasi eine Miniaturausgabe der Sauer-Orgel im Dom. Die Hochschule wird das Instrument der langjährigen Domorganistin Käte van Tricht widmen, deren außergewöhnliche Persönlichkeit Inspiration und Vorbild für Studierende und Musikbegeisterte ist.
4. Erster Internationaler Wettbewerb Bremen für Deutsche Orgelmusik
Meisterkurse - Internationale Orgelkonzerte - Wettbewerb - Preisträgerkonzert veranstaltet in Kooperation von HfK Bremen, Norddeutsches Orgelzentrum Bremen, Musikfest Bremen. Ziel des Wettbewerbs und der begleitenden Veranstaltungen ist es, die Deutsche Orgelkunst auf den herausragenden Originalinstrumenten Bremens und der Region darzustellen. In den Meisterkursen der integrierten Orgelakademie unterrichten internationale Organisten, von denen wesentliche Impulse für die historische Aufführungspraxis und die künstlerische Darstellung im 21. Jahrhundert ausgehen. Im Rahmen der Meisterkurse vertiefen die Teilnehmer des Wettbewerbs das deutsche Repertoire auf den entsprechenden historischen Instrumenten in Bremen und Umgebung.
Übrigens: Das Antrittskonzert von Hans Davidsson „Ein Vierteljahrtausend nach J.S. Bach –Die Passacalgia im Spiegel der Moderne“findet am 19. März 2009, um 19 Uhr, im St. Petri Dom, Bremen