Kunst und Design
Dr. Steffen Zillig
Körper und Raumkonzepte
- Study programme Freie Kunst
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- Klasse Korpys/Löffler (Vertretung durch Steffen Zillig)
- Unpolitisch werden Glaubt man dem, was über Kunst derzeit geschrieben wird, ist die zeitgenössische vor allem eines, nämlich „politisch“. Bis in die hohen Ränge der Kulturverwaltung und des Förderwesens hinein ist man sich darüber einig, sie müsse genau das auch sein. Routiniert wird sie als „widerständig“, „dissident“ und „radikal“ beschrieben, während man ihr ebenso erstaunliche wie wünschenswerte Fähigkeiten unterstellt. Noch die kleinste Ausstellung gibt sich überzeugt, „toxische Strukturen“ aller Art zu „dekonstruieren“, zu „destabilisieren“ oder gleich zu „heilen“. Welches Begehren steckt hinter dieser Zuschreibung des Politischen? Was bedeutet es, dass sich das politische Geschehen nicht im Geringsten davon beeindruckt zeigt? Den globalen Aufstieg von Autoritarismus und Rechtspopulismus hat die Kunst jedenfalls nicht verhindert, von Kriegen und humanitären Krisen ganz zu schweigen. Das Versprechen des künstlerischen Aktivismus ist derweil Jargon geworden, es wirkt auserzählt. Seine Mittel – symbolische Bekenntnisse, demagogische Narrative und Bildsprachen, Kampagnen, offene Briefe und Boykottaufrufe – scheinen außerstande, sich einem manichäischem Kulturkampf zu widersetzen, der Komplexität negiert, Zwischentöne niederschreit und den demokratischen Kompromiss diskreditiert. Politische Kunst ist eben keine Politik, und, wo sie sich zur bloßen Propaganda verzweckt, immer seltener auch Kunst. So scheint es eine Frage der Zeit bis sich das vermeintlich konträre Begehren – das nach einer „unpolitischen“ Kunst – Raum verschafft. Aber wohin sollte eine solche Kunst entkommen? In eine neue Innerlichkeit? Naturalismus? Abstraktion? Das Uneindeutige? In jene Stimmungen, die Kristian Vistrup Madsen gerade zur neuen Benchmark der zeitgenössischen Kunst ausrief („Mood over Content“)? Und wie politisch wird das „Unpolitische“, wenn sich das „Politische“ (siehe oben) entpolitisiert? Das Seminar will insbesondere das aufkeimende Begehren nach dem Unpolitischen, seine Möglichkeiten, Widersprüche und Fallstricke diskutieren – anhand von künstlerischen Beispielen, historischen und aktuellen Texten. Schließlich sollen eigene Gedanken und künstlerische Ansätze, die gegenwärtige Dynamik des Kulturkampf zu überlisten, ins Gespräch gebracht werden. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Übernahme eines kurzen Referats und die grundsätzliche Bereitschaft zu Lektüre und Diskussion. Das Seminar findet zweiwöchentlich statt.