Wednesday | 18 June 2025

Dialogue between the personal and the collective

Invitation to the press conference and exhibition tour: Meisterschüler:innen exhibition 2025

A press release from Jens Fischer

HfK-Meisterschüler:innen-Ausstellung „what is that invisible thing your arm is resting on“

Eröffnung: Freitag, 27. Juni 2025, 19 Uhr

Ausstellungsdauer: bis 10. August 2025

Pressekonferenz und Ausstellungsrundgang: Mittwoch, 25. Juni 2025, 11 Uhr

Für Fragen und Interviews stehen zur Verfügung: Janneke de Vries (Direktorin Weserburg Museum für moderne Kunst), Julian Lautenbach (Kurator der Ausstellung) und Natascha Sadr Haghighian (Professorin für Bildhauerei an der Hochschule für Künste Bremen)

Wir bitten um Anmeldung unter pressestelle@hfk-bremen.de 

 

Die Ausstellung der Meisterschüler:innen der Hochschule für Künste (HfK) Bremen gibt vom 27. Juni bis 10. August 2025 einen Einblick in die aktuelle Kunstproduktion der Hansestadt. 

Auf der dritten Ebene der Weserburg Museum für moderne Kunst präsentieren die zwölf Künstler:innen auf fast 800 Quadratmetern ihre neuen Werke und eröffnen dabei einen Dialog über gesellschaftliche und biografische Brüche, politische Transformation und persönliche Ermächtigung – zwischen Grundsätzlichem und Alltäglichem, zwischen Persönlichem und Kollektivem. Der Titel „what is that invisible thing your arm is resting on“ fungiert dabei nicht ausschließlich als Frage, sondern verweist auf die Suche nach der bildlichen Stütze, dem körperlichen Halt und einem unsichtbaren, moralischen Fundament.

Die von Julian Lautenbach kuratierte Ausstellung vereint zeitbasierte Arbeiten und umfangreiche Installationen, in denen skulpturale Bestandteile mit Klang- und Filmelementen zusammengeführt werden. Außerdem greifen mehrere bildhauerische Positionen Formen auf, die direkt aus einem körperlichen und biografischen Zusammenhang stammen. Andere Arbeiten widmen sich medienübergreifend der Schöpfung und Erfahrbarkeit digitaler Welten und Themen wie der Melancholie urbaner Zwischenorte oder der Entfremdung in sozialen Medien. Räumlicher und gesellschaftlicher Kontext bleiben dabei nicht bloß Kulisse, sondern öffnen einen Ort der Selbstbefragung. Worauf stützen wir uns? Worauf gründet unsere Wahrnehmung? Und wie fragil ist das, was uns hält? 

Ein besonderer Höhepunkt der Ausstellung ist am 3. Juli 2025, 19 Uhr, die Verleihung des Karin Hollweg Preises, einer der bedeutendsten Kunstförderpreise für Absolvent:innen deutscher Kunsthochschulen. Mit einem Preisgeld von 18.000 Euro ist der Preis auch mit einer institutionellen Einzelausstellung des Preisträgers bzw. der Preisträgerin in Bremen verbunden. Die Verleihung ist eng mit der Ausstellung verknüpft und unterstreicht die enge Verbindung zwischen der Hochschule und der Stadt Bremen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Beteiligte Künstler:innen: Vafa Aminikia, Joya Bahkyi, Noelle BuAbbud, Reika Hattori, Yuxiao Huang, Minjeong Park, Leon Sahiti, Caroline Antonia Schlingemann, Yuliya Tsviatkova, Abdulghaffar Tammaa, Florian Witt und Guibok Yang

Eine Kooperation der Hochschule für Künste Bremen und der Weserburg Museum für moderne Kunst

 

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Zu den Werken

Vafa Aminikia widmet sich mit einer Rauminstallation den mystischen Tiefen der menschlichen Existenz. Seine Arbeit verknüpft aufwändige Stop-Motion-Animation mit eigens gefertigten Puppen und skulpturalen Elementen zu einer Suche nach dem Unaussprechlichen. Philosophische Konzepte und spirituelle Erfahrung entfalten sich darin zu fantasievoll-bizarren Abläufen, in denen sich ein intuitiver Bezug zum Kern menschlichen Daseins abzeichnet. Dabei geht es weniger um Antworten, als um die irritierende Erkenntnis, dass das Wahrhaftige nie weit vom Absurden ist.

Joya Bahkyi geht in ihrer Installation der Verkehrung von Subjekt-Objekt-Beziehungen nach und beleuchtet die körperliche Erfahrung von Fremdheit. Fragile Strukturen, die nur durch gegenseitige Verwicklung und Reibung aufrecht gehalten werden, umgibt sie mit Licht- und Klangelementen. So entsteht eine plastische Gemeinschaft, deren Schatten und Klänge einen zerbrechlichen Eindruck von Lebendigkeit erzeugen. Aus der Erfahrung der Künstlerin mit einem aus ihrem Körper entfernten Parasiten und der Empathie mit diesem unbekannten Lebewesen entwickelt sie eine weitreichende Hinterfragung von Abhängigkeit, Zugehörigkeit und Selbstbestimmung.

Noelle BuAbbud nimmt Themen wie Kontamination, Abfallwert, Auslagerung und Eindämmung zum Ausgang einer multimedialen Aufarbeitung.

Mit Filmmaterial aus dem familiären Archiv, Amphoren aus Keramik, Stahlelementen und Porzellankanistern zeichnet sie einen verhängnisvollen Exkurs nach, der sich vor dem Hintergrund politischer Zerrissenheit und biografischer Verflechtung weiter verdichtet. Aus der physischen Geste eines Einschlags entwickelt sich in ihrer Installation eine vielschichtige Erzählung körperlichen Erbes und historischer Hinterlassenschaften.

Reika Hattori veranstaltet während des Ausstellungszeitraums mehrere Klangperformances und präsentiert eine subtile Sound- und Lichtinstallation im Zwischenbereich der Ausstellungsräume. Ihre Arbeit ist eine klangliche Hommage an Übergangsorte wie verlassene Einkaufsstraßen, an denen Neonröhren in der Nacht scheinbar eine vergangene Zeit ausleuchten. Das spezifische Geräusch dieser heute kaum noch verbauten Leuchtmittel rückt hier in das Zentrum eines fiktiven, melancholischen Dialogs dreier Menschen, die an einem solchen menschenleeren Ort umherwandern.

Yuxiao Huang zeigt eine interaktive Rauminstallation mit skulpturalen Elementen, mit der sie dazu einlädt, über die Grenzen von Wahrnehmung, und die Bedingungen von Klarheit und Wahrheit nachzudenken. In Anlehnung an den chinesischen Ausdruck „Blumen im Nebel sehen“, der die Erfahrung beschreibt, etwas nur verschwommen wahrzunehmen, spielt sie in dieser Arbeit mit Sinnestäuschungen und Trugschlüssen. Die Bewegungen der Besucher:innen im Raum werden von Sensoren registriert und beeinflussen damit das gezeigte Bild auf verschiedenen Monitoren. So entsteht ein Erlebnis von Nähe und Distanz, zwischen Kontrolle und Unsicherheit. Was sehen wir wirklich, und was bleibt im Nebel?

In der Arbeit von Minjeong Park manifestiert sich eine Erzählung von Mut und Bewältigung als lebensgroße Skulptur eines Tigers. Die aufwändig mit einem 3D-Stift gefertigten Einzelteile der Figur sind Abformungen des Unterarms der Künstlerin. Sie verweisen auf den autobiografischen Zusammenhang von Selbstbekräftigung und familiärem Schutz. In der koreanischen Kultur nimmt der Tiger eine bedeutende ikonische Rolle ein – als künstlerisches Motiv in Malerei und Keramik und als zentrale Figur in zahlreichen Mythen. Hier entfalten sich seine enorme Größe und Stärke in einem kontrastreichen Widerspiel als präzise und feingliedrige räumliche Zeichnung.

Leon Sahiti beschäftigt sich in einer Multimedia-Installation mit Datenökonomie, Privatsphäre und digitaler Selbstbestimmung. Dabei verarbeitet er kommunikative Codes der Internetkultur und überträgt digital generiertes in physische Form. Daraus entsteht ein Gefüge vertrauter Symbole in einem beschleunigten, teils verstörenden Kontext zwischen Fortschrittsutopie und hypertechnisierter Dystopie. Erodierende Formen realer Zwischenmenschlichkeit finden darin ihr ironisches Spiegelbild in digitaler Dauervernetzung.

Mit einem Computerspiel erforscht Caroline Antonia Schlingemann Möglichkeiten des Storytellings auf interaktiver Ebene. Abstrakte, auf Papier gemalte Landschaften überträgt sie in digitale Räume, aus denen sie die verschiedenen Levels des Spiels gestaltet. Die Besucher:innen können sich in diesen labyrinthartigen Orten durch eine traumähnliche Handlung steuern. Die Reise durch menschenleere Zwischenorte, an denen die Realität verschoben wirkt, wird hier zu einer surrealen Erfahrung, in der digitale Ästhetik und Malerei einander verstärken.

Yuliya Tsviatkova untersucht in einer Filmarbeit das Wesen politischer und ökologischer Grenzen. Im Zentrum steht dabei der Białowieża-Urwald, ein Naturschutzgebiet auf beiden Seiten der belarussisch-polnischen Staatsgrenze. Durch den Wald zieht sich seit wenigen Jahren ein hochgesicherter Grenzzaun – ein Versuch, die dort verlaufende Fluchtroute in die EU zu schließen. So hat sich in diesem ökologischen Raum, in dem Flora und Fauna geschützt sind, ein paralleler Ort der Kontrolle, Angst und Eingrenzung entwickelt. Im jahrtausendealten Wald vergegenständlichen sich auf teils mystische Weise Fragen nach Fürsorge, kultureller Identität und politischer Dominanz.

Abdulghaffar Tammaa setzt sich in einer multimedialen Installation mit kollektiver Mitbestimmung und sozialer Sinnstiftung auseinander. Im Mittelpunkt der Arbeit steht ein Filmdialog über ein historisches Gemälde im Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Daneben treten Kodierungen des gesellschaftlichen Über- und Untereinanders auf und konstruieren eine beziehungsreiche Betrachtung der Gesetzgebung und der Teilhabe. Spielerische Analogien wie eine Wippe, erinnern derweil an das Wechselhafte im zwischenmenschlichen Gleichgewicht, während Figuren aus handgeformten, metallischen Umrissen scheinbar eine Choreografie der Rechtmäßigkeit aufführen.

Die Arbeiten von Florian Witt sind geprägt durch vielfache Übersetzungen und Wiederholungen. Ähnliche Formen durchlaufen oft verschiedene Materialien und Dimensionen und wechseln zwischen Malerei und Bildhauerei. Als Spiel mit Ernsthaftigkeit und Naivität zeugen die Arbeiten von einer Befragung der Bedingungen des künstlerischen Schaffens selbst. Die mehrteilige Installation aus Holz-, Stahl- und Keramikobjekten des Künstlers verteilt sich auf verschiedene Ausstellungsräume und erzeugt mit diesen Querbezügen eine Infrastruktur ganz eigener Logik.

Guibok Yang zeigt eine Stop-Motion-Animation und mehrere Aquarelle, in denen es um Fragen gesellschaftlicher Sichtbarkeit und Anerkennung geht. Darin zeigt sie Figuren mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, deren alltägliche Wahrnehmung von Ausblendung und fehlendem Zutrauen geprägt ist. Mit gefühlvollem Blick und ausdrucksstarker Technik kehrt Guibok Yang diesen Kontext um zu einer hoffnungsvollen Erzählung besonderer persönlicher Fähigkeiten und sozialer Würdigung. Ihre Figuren durchbrechen voreingenommene Normierungen und verkörpern lebhaft die Idee von Vielfalt.